Briefverkehr in Skandinavien: Dänemarks Post liefert ab Januar keine Briefe mehr aus
Ende einer 400-jährigen Ära: Ab Januar trägt die Post in Dänemark keine Briefe mehr aus. Auf Tauben muss trotzdem niemand zurückgreifen.
Wer noch ein Weihnachtsgeschenk sucht und nostalgisch veranlagt ist, der wird vielleicht in Dänemark fündig: Dort verkauft die Post ab Montag 1200 ausgediente Briefkästen für einen guten Zweck. Sie seien je nach Zustand für 1500 oder 2000 Kronen (rund 200 beziehungsweise 270 Euro) zu haben, wie PostNord Dänemark mitteilte.
Eine Marketing-Gelegenheit, die sich das Unternehmen nicht entgehen lassen konnte – es gilt schließlich, eine Ära zu verabschieden. Ab Januar liefert die Post in Dänemark nach 400 Jahren keine Briefe mehr aus.
Diese Entscheidung hatte das staatliche Unternehmen, das 2009 mit der schwedischen Post fusionierte und seit 2011 PostNord heißt, schon im März bekanntgegeben. Die Zahlen zum einstigen Kerngeschäft im digitalisierten Dänemark: Seit dem Jahr 2000 ist die Menge der versendeten Briefe laut PostNord um 90 Prozent zurückgegangen. 2024 habe es noch einmal einen Rückgang um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben.
Was stattdessen an Bedeutung ständig zunehme, seien Pakete. „Wir wollen da sein, wo die Dänen uns am meisten brauchen, und heute ist der Kern unseres Geschäfts Pakete“, sagte PostNord-Danmark-Chef Kim Pedersen zur Entscheidung. Mit einem weiterhin wachsenden Online-Handel habe man ein gutes Fundament für künftiges Wachstum. Der Briefmarkt hingegen sei nicht mehr rentabel.
Das heißt aber nicht, dass die verbleibenden dänischen Briefe künftig von Tauben zugestellt werden müssen. In dem seit 2011 liberalisierten dänischen Postwesen hat sich das private Unternehmen Dao im Briefgeschäft etabliert. Es war vor mehr als 100 Jahren zum Verteilen von Tageszeitungen gegründet worden und gehört mehreren Medienhäusern.
„Es kann schwer sein, seine Gewohnheiten zu ändern“, sagt Dao-Verkaufsdirektor Lars Baldsby laut Unternehmenswebsite. „Deshalb wollen wir die Tradition bewahren und rote Briefkästen aufstellen.“ Die werden allerdings in den derzeit 1500 Shops des Unternehmens stehen und anders aussehen als die jetzt zum Verkauf angebotenen. Deren ikonische Form hatte das Stadt- und Dorfbild in ganz Dänemark 170 Jahre lang geprägt.
Nicht zufrieden mit der Neuerung war die Gewerkschaft 3F Post. Sie sprach im März von katastrophalen Konsequenzen für einen großen Teil ihrer Mitglieder. 1500 Post-Angestellte würden ihren Arbeitsplatz verlieren. 700 Angestellte im Briefbereich könnten in den Paketbereich wechseln, trotzdem stünden viele gute und erfahrene Mitarbeiter ohne Arbeit da. Die Gewerkschaft bewertete den Schritt als zwar leider notwendig – kritisierte aber die politische Entscheidung, die dazu geführt habe: Die dänische Post verlor 2024 den Status als beförderungspflichtiges Unternehmen. Die gesellschaftliche Aufgabe sei damit einem privaten Monopol übertragen worden.
Die Möglichkeit, seine Briefe der alten Post anzuvertrauen, gibt es unter einer Bedingung weiterhin: Ab Januar kann man sie in einem der PostNord-Shops als Paket aufgeben. Da kostet allerdings die günstigste Variante umgerechnet etwa 6 Euro, nicht rund 3,90 Euro, die jetzt noch für einen Standardbrief fällig sind.
Das Unternehmen Dao stellte sich derweil mit einer neuen App und dem Versprechen eines sanften Übergangs auf den PostNord-Abschied ein. Dort kostet das Versenden eines Briefes bis 100 Gramm, umgerechnet rund 3 Euro – wenn die Zustellung zwei bis fünf Tage Zeit hat. Für 4,80 soll es innerhalb von ein bis zwei Tagen klappen.
Sollte sich zeigen, dass der Markt nicht alles regelt, gibt es ein Sicherheitsnetz: Der dänische Staat ist weiterhin verpflichtet, für landesweite Versorgung mit Postdiensten zu sorgen. Ob das auch ohne die alte Post funktioniert, behält die dänische Verkehrsagentur Trafikstyrelsen im Blick. Die weist im Übrigen darauf hin, dass es zwei Bereiche gibt, für den weiterhin nur PostNord zuständig ist: Einschreiben sowie Wertbriefe ins Ausland.
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