Beschluss zu Hochschulgremien: Viertelparität ist möglich
Die Demokratisierung der Hochschulen war eine zentrale Forderung der 68er-Studentenproteste. Eine Verfassungsbeschwerde dagegen ist weitgehend gescheitert.
Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die grundsätzliche Einführung der Viertelparität an Thüringer Hochschulen durch die einstige rot-rot-grüne Koalition. Klagen von Professoren gegen die Reform wurden weitgehend abgelehnt.
Die Demokratisierung der Hochschulen war eine zentrale Forderung der Studentenproteste von 1968. Die Forderung konnte sich damals zwar in manchen Bundesländern wie Niedersachsen durchsetzen, scheiterte 1973 aber am Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe setzte durch, dass die Professor:innen in Fragen von Forschung und Lehre die Mehrheit der Sitze in den Gremien haben müssen.
Die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen unter Bodo Ramelow (Linke) unternahm 2018 einen Versuch, die Karlsruher Vorgaben möglichst weit auszureizen und führte die grundsätzliche Viertel-Parität in Uni-Gremien wie dem Senat oder dem Fachbereichsrat ein. So soll ein Fachbereichsrat laut reformiertem Hochschulgesetz aus drei Professor:innen, drei Studierenden, drei akademischen Mitarbeiter:innen und drei nicht-akademischen Mitarbeiter:innen bestehen. Nur bei Fragen von Forschung und Lehre – etwa bei der Einrichtung von Studiengängen oder der Berufung von Professor:innen – sollten sieben weitere Professor:innen hinzukommen, sodass diese Gruppe eine Mehrheit hat.
Gegen die Reform klagten 32 Professor:innen der Unis in Erfurt, Jena, Weimar und Ilmenau. Sie monierten insbesondere, dass über die Organisation der „Evaluation der Lehre“ viertelparitätisch entschieden werden soll. Überhaupt sei eine saubere Unterscheidung zwischen wissenschaftsrelevanten und sonstigen Angelegenheiten nicht möglich. Das ganze Verfahren bringe sie in eine unangebrachte „Rechtfertigungssituation“.
Weniger Macht für Hausmeister:innen
Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klagen nun ganz überwiegend ab. Zwar bestätigten die Richter:innen, dass der Staat die Wissenschaftsfreiheit schützen muss und dass bei Fragen von Wissenschaft und Lehre nur eine Professorenmehrheit in den Gremien „wissenschaftsinadäquate Entscheidungen“ verhindern kann. Ansonsten habe der Gesetzgeber aber einen weiten Gestaltungsspielraum. So sei eine Viertelparität bei Entscheidungen über die Evaluation der Lehre möglich.
Problematisch finden die Richter:innen nur, dass nicht-akademische Mitarbeiter:innen (etwa Hausmeister:innen, Sekretär:innen und IT-Kräfte) den gleichen Einfluss haben wie Studierende und akademische Mitarbeiter:innen. Der Thüringer Landtag hat bis Ende März 2027 zwei Möglichkeiten zur Änderung: Entweder er reduziert den Stimmanteil der Mitarbeiter:innen aus Technik und Verwaltung oder er stellt sicher, der aus dieser Gruppe nur Mitarbeiter:innen mit einer „qualifizierten Beziehung zum Wissenschaftsbetrieb“ in die Gremien entsandt werden.
Das Bundesverfassungsgericht schafft damit Rechtssicherheit für weitere zarte Demokratisierungsansätze, wie sie erst diesen Sommer an der TU Berlin unter Verweis auf drohende Professorenklagen scheiterten. Die Hauptgefahr für professorale Selbstbestimmung kommt heute aber ohnehin nicht mehr von Studierenden und Gewerkschafter:innen, sondern von den immer stärker werdenden gewählten Hochschulverwaltungen. (Az.: 1 BvR 1141/19)
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