Neuer Club in Berlin: Im Westend was Neues
Während reihenweise Berliner Clubs dichtmachen, gibt es jetzt eine neue Location auf der Avus-Tribüne. Es ist nicht die einzige Gründung am Stadtrand.
Hoch ragt die Avus-Tribüne über die Autobahn A115 hinaus. Wer dort steht, hat das Gefühl, über den vorbeifahrenden Autos zu schweben. Früher verfolgten Schaulustige von hier oben die Autorennen, die unten auf der „Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße“ Avus stattfanden. Heute betreibt der Musiker und Gastronom Nico Mohammadi hier einen Club.
„Ich war total verliebt in diesen Ort“, erinnert sich der 31-Jährige an den Moment, als er das erste Mal die renovierte Sprecherkanzel betrat. Der bisherige Mieter wollte sich umorientieren – für den Musiker und Gastronom Mohammadi die Chance, den verglasten Raum mit seinen eigenen Ideen zu beleben. So entstand die neue Eventlocation in der Avus-Tribüne mitsamt dem Club „C115“. „Wenn ich hier stehe und das erzähle, kann ich selbst noch nicht richtig glauben, dass alles geklappt hat“, sagt Mohammadi.
Während in Berlin reihenweise traditionsreiche Clubs schließen müssen – wie zuletzt etwa das Schwuz und das Watergate und demnächst auch die Renate – macht Nico Mohammadi mit dem neuen Standort in Westend Kulturbegeisterten und Clubfans wieder Hoffnung. Und es ist nicht die einzige Neueröffnung in Berlins Westen: Auch in Spandau gibt es seit Kurzem ein neues Tanzlokal: den AM Club in der Alten Meierei. Nach einer großen Eröffnungsparty im November findet die nächste Veranstaltung an Silvester statt, aufgelegt wird Techno und House.
Emiko Gejic, Clubcommission
Stadtrand statt Szenekiez – ist das der Trend in der Berliner Clubkultur angesichts von Verdrängung, Inflation und den anhaltenden Folgen der Coronapandemie? „Es ist ein Zeichen dafür, dass sich alles verändert“, sagt Emiko Gejic von der Berliner Clubcommission. Sie werte die Eröffnung von Clubs in der Peripherie „zu einem gewissen Grad als normalen Bestandteil von Stadtentwicklung“.
Einerseits könnten die neuen Locations am Stadtrand nicht als Ersatz für Clubs in Friedrichshain oder Kreuzberg herhalten, betont Gejic. „Andererseits geben sie einer anderen Community Zugänge.“ Insgesamt freue sich die Clubcommission, wenn auch in Außenbezirken oder bisher nicht bespielten Bezirken Clubs eröffnen und sich so das Angebot in Berlin vergrößert.
Was es dafür alles braucht, wird deutlich, wenn man Nico Mohammadi zuhört. Er lehnt sich an den Bartresen in dem komplett verglasten Veranstaltungsraum in der Avus-Tribüne und deutet auf die abgedunkelte Fensterfront. „Wir haben Glas, in dem Sensoren ständig auf- und abblenden“, erklärt Mohammadi. Das digitale Glas mit vielen Sensoren sei nötig, damit die Lichter aus dem Club nicht die Autofahrer*innen unten auf der Stadtautobahn ablenken. Von außen kann man nicht hineinsehen. „Das wirkt wie beim Verhör in amerikanischen Filmen, in denen es diese halb verspiegelten Scheiben gibt“, sagt Mohammadi.
An diesem Dezembertag ist der Raum menschenleer und ruhig – bis auf das Rauschen des Verkehrs im Hintergrund. Auf der Fläche befinden sich zwei Bars und eine Soundanlage. Mohammadi betont, dass er die Avus-Tribüne nicht nur als Club nutzen möchte. Die Location liegt direkt am Messegelände – diese Nähe sei wichtig.
Deshalb schweben ihm diverse Veranstaltungen vor. Möglich seien etwa ein Businesslunch, Dinnerpartys und Filmscreenings. Die Ausstattung gibt das auch her: Hinter der Bar verbindet ein Cateringlift Küche und Veranstaltungsraum. Ein weiterer Aufzug macht den Zugang zur Hauptfläche barrierefrei. Mohammadi hüpft die übrigen steinernen Treppenstufen hinauf und zeigt auf Sofas und tribünenartige Sitzplätze.
„Von einer eigenen Bar habe ich lange geträumt“, erzählt Mohammadi. Mit 29 Jahren entdeckte er dann ein Lokal in Friedrichshain, das zur Miete freistand. Er entwarf ein Konzept bewarb sich damit bei mehreren Banken. „Ich bin relativ mittellos da reingegangen. Ich hatte weder Kohle, noch habe ich reiche Eltern“, sagt er. Doch die Sparkasse sei von seinem Plan überzeugt gewesen und habe ihm einen Gründungskredit gegeben. Im November 2024 eröffnete er die Cocktail- und Musikbar YSY.
Schon ein halbes Jahr später lernte er den Vermieter der Avus-Tribüne kennen. Wieder konnte er die Sparkasse – und den Vermieter – für seine Ideen begeistern. Er erhielt einen Mietvertrag für die nächsten 10 Jahre – mindestens. Mohammadi möchte den Räumen Zeit geben, wie er sagt. Statt Dauerbetrieb will er erst einmal nur ausgewählte Partys im C115 veranstalten.
Das sogenannte Soft Opening des neuen Clubs habe mit Familie und Freunden stattgefunden und sei „eher ruhig verlaufen“, sagt Mohammadi, der unter dem Namen DJ Durbin auch in seiner eigenen Eventlocation auflegt. Im Januar ist eine größere Party geplant, um das C115 auch offiziell zu einzuweihen. Dort soll dann auch bis in die Morgenstunden getanzt werden – mit Blick auf den Sonnenaufgang von der Tanzfläche.
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