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Landeseigene erhöhen MietenWenig sozial

Berlins Wohnungsunternehmen erhöhen zum neuen Jahr bei 99.000 Wohnungen die Miete. Dafür will Vonovia zumindest nicht weiter rechtswidrig vorgehen.

Finanzierungslücke über Mieten stopfen: Das macht Neubau von sozialem Wohnraum unsozial Foto: IMAGO / Jochen Eckel

Aus Berlin

Clara Dünkler

Fast verkehrte Welt: Während Mie­te­r:in­nen des privaten Wohnungsunternehmen Vonovia erstmal zumindest keine rechtswidrigen Mietersteigerungen fürchten müssen, erhöhen die landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) die Miete zum neuen Jahr deutlich. Ersteres wurde zunächst beim Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen am Montagvormittag bekannt. Zweiteres geht aus einer schriftlichen Anfrage des Linke-Abgeordneten Nikolas Schenker hervor.

Von den Mieterhöhung ab Januar 2026 bei den sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen sind rund 99.000 Haushalte betroffen – etwa ein Drittel des Gesamtbestandes der LWU. „Das wird besonders Menschen mit geringem Einkommen treffen“, sagt Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linken, der taz. Häufig komme für diese nur noch die Wohnungen der LWU in Frage, so Schenker.

In der Anfrage wird konkret von Erhöhungen zwischen 2,5 bis 5,5 Prozent gesprochen, abhängig vom Unternehmen. Das klinge erst einmal, als würde die Erhöhung nicht das Maximum von elf Prozent ausschöpfen, das für landeseigene Wohnungsunternehmen innerhalb von drei Jahren gilt.

Jedoch sei das ein wenig komplizierter, sagt Schenker. Tatsächlich beziehen sich die Zahlen auf die unternehmensweite Mietenerhöhung, also bezogen auf alle Wohnungen. „Das hilft mir aber nichts als Mieterin oder Mieter, wenn ich da in einer Wohnung wohne und meine Miete doch um elf Prozent steigt“, so Schenker.

Mieter müssen Leistungsversprechen prüfen

Auch der Berliner Mietenverein äußert sich mit großer Sorge. Der Verein verweist auf das Leistungsversprechen aus der Kooperationsvereinbarung zwischen den LWU und dem Berliner Senat. Danach dürfe die Belastung des Haushalts durch die Nettokaltmiete nicht mehr als 27 Prozent des Haushaltseinkommen betragen, sagt Wibke Werner, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins. Mie­te­r:in­nen müssen allerdings Voraussetzungen erfüllen, um diesen Anspruch geltend machen zu können – etwa innerhalb eines bestimmten Einkommensbereiches liegen.

In der Praxis habe sich jedoch gezeigt, dass diese Regelung bisher nur wenig Wirkung zeige. Als Beispiel führt der Mieterverein folgende Zahlen an: Bei 130.000 Mieterhöhungen im ersten Quartal 2024 stellten lediglich 468 Haushalte einen Antrag auf Mietsenkung. Davon seien nur 51 Anträge bewilligt worden. Für den Verein bedeute das, dass die Regelung in der Praxis schlecht funktioniere.

Der Mieterverein sieht den Grund für die steigenden Mieten in der Tatsache, dass die Kosten der LWU für Wohnungsneubau und Modernisierung nicht ausreichend über den Berliner Landeshaushalt finanziert wird. Diese Lücke in der Finanzierung auf die Mie­te­r:in­nen abzuwälzen, sei aber keine Lösung: „Der soziale Auftrag der LWU und damit auch der staatlichen Wohnraumversorgung wird auf diese Weise ausgehöhlt“, sagt Werner.

Immerhin einen Lichtblick gibt es diese Woche für Mie­te­r:in­nen in Berlin: Vonovia verkündet, zukünftig keine rechtswidrigen Mieterhöhungen wegen „überdurchschnittlicher ÖPNV und Nahversorgung“ durchzuführen. Wie ein Sprecher des Unternehmens auf taz-Anfrage bestätigte, will Vonovia alle „offenen gerichtlichen und schwebenden Verfahren“ zurückziehen. Betroffene würden von Vonovia informiert werden.

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