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Justiz in Jemen17 Todesurteile für angebliche Spione in Jemen

Ein Huthi-kontrolliertes Gericht verurteilt über ein Dutzend Menschen zum Tode durch öffentliche Erschießung. Die Miliz will so Härte nach innen zeigen.

Nach einem israelischen Luftangriff: Räumungsarbeiten in Sanaa am 13. September 2025 Foto: Osamah Abdulrahman/ap
Lisa Schneider

Aus Berlin

Lisa Schneider

Ein von der Huthi-Miliz kontrolliertes Gericht hat 17 Menschen unter dem Vorwurf der „Spionage für ausländische Regierungen“ zum Tode verurteilt. Die Richtersprüche ergingen am Samstag in der Kapitale Sanaa, berichtet die ebenfalls Huthi-kontrollierte Nachrichtenagentur Saba News. Laut der Agentur sollen die Verurteilten erschossen werden, zur „allgemeinen Abschreckung“ an einem öffentlichen Ort. Zwei weitere Personen wurden zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Zu den Vorwürfen schreibt Saba News: „Spionage für ausländische Staaten, die Jemen im Zeitraum 2024-2025 n. Chr. feindlich gesinnt waren, nämlich Saudi-Arabien, Großbritannien und Amerika“. Die Angeklagten hätten „die Feinde (…) mit Informationen über Dutzende von Aufenthaltsorten staatlicher Führungskräfte, deren Bewegungen und Geheimnisse bezüglich der politischen, militärischen und sicherheitspolitischen Lage sowie über Raketen, deren Abschussrampen und Lagerorte“ versorgt.

Die Huthis hatten in diesem Jahr deutliche Verluste einstecken müssen: Ein israelischer Luftangriff hatte Ende August fast ihr ganzes Kabinett getötet. Außerdem starb damals ihr Stabschef Mohammed al-Ghamari. Er galt als einer der wichtigsten Köpfe der Miliz, als enger Vertrauter von Milizenführer Abdelmalik al-Huthi und Kontaktperson zur Islamischen Republik Iran.

Die Angriffe zeigten: Das israelische Militär verfügt durchaus über Erkenntnisse bezüglich der Aufenthaltsorte von wichtigem Huthi-Personal, wie auch der Strukturen der Miliz. Wohl auch, um der Bevölkerung gegenüber Stärke zu demonstrieren, gehen die Huthis schon seit zwei Jahren hart gegen vermeintliche Spione vor.

Die Anklage: Spionage für ausländische Staaten, die Jemen feindlich gesinnt seien: Saudi-Arabien, Großbritannien und Amerika

Dazu gehören für die Miliz scheinbar auch Journalisten sowie lokale Kräfte internationaler Organisationen: So nahm sie etwa nach dem Luftangriff auf das Huthi-Kabinett schnell etwa ein Dutzend lokale Mitarbeiter der Vereinten Nationen fest. Die UN wiesen die Vorwürfe zurück.

Derzeit sitzen laut der Nachrichtenagentur AP insgesamt 59 Jemeniten, die für die UN gearbeitet hatten, hinter Gittern. Mindestens 20 lokale Kräfte des Welternährungsprogramms befinden sich ebenfalls in Haft. Gegenüber der taz erklärte der Menschenrechtsexperte Mohammed al-Wateri jüngst: Die Verhaftungen seien Teil einer Kampagne mit dem Ziel, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Hilfsorganisationen als „westliche Spione“ darzustellen.

Seitdem sie 2014 die Kontrolle über große Teile von Jemen übernahm, hat die von Iran unterstützte Miliz tausende Menschen verhaftet.

Die Huthis greifen seit 2023 – mit der Begründung der Unterstützung der Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen – immer wieder die Schifffahrt im Roten Meer an. Dagegen ging erst die von den USA angeführte Operation Prosperity Guardian vor, an der Mission beteiligten sich unter anderem Großbritannien, aber auch Bahrain. Im Rahmen von Prosperity Guardian erfolgten hunderte Luftangriffe in den von den Huthis kontrollierten Teilen Jemens. Ab Sommer 2024 griff dann auch das israelische Militär wiederholt in Jemen an.

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