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Beraterkreis „Islamismusprävention“Dobrindts Kampfansage

Daniel Bax

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Daniel Bax

Der Innenminister besetzt ein Expertengremium zum „Kampf gegen Islamismus“ mit umstrittenen Figuren. Das wird gesellschaftliche Spannungen anheizen.

Alexander Dobrindt (CSU) hat das Expertengremium, das ihn beim „Kampf gegen Islamismus“ beraten soll, komplett ausgetauscht Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

D ie Union will den Kulturkampf. Das zeigt die Neubesetzung des „Expertengremiums“, das Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) künftig in seinem „Kampf gegen Islamismus“ beraten soll. Dobrindt hat dieses Gremium komplett ausgetauscht und etablierte Namen durch eine ganze Reihe umstrittener Figuren ersetzt, von denen sich viele auf dem Feld der „Islamkrititik“ einen Namen gemacht haben. Dabei handelt es sich in der Regel um pseudoaufklärerisch verbrämte Ressentiments. Nicht nur Radikale – die meisten Muslime dürften diese Personalien deshalb als Kampfansage verstehen.

Bereits die Begriffe „Islamismus“ und „politischer Islam“ sind fragwürdig und in der Wissenschaft umstritten. Denn für Extremisten, die sich auf andere Religionen berufen, gibt es ebenfalls keine vergleichbaren Bezeichnungen, obwohl die Phänomene vergleichbar sind.

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Mit dem Begriff „Islamismus“ werden Terroristen, die sich auf den Islam berufen, mit konservativen Muslimen in einen Topf geworfen, die zwar gesellschaftspolitisch konservative Überzeugungen vertreten, aber Gewalt ablehnen. Neue Wortschöpfungen wie „legalistischer Islamismus“ ebnen diese Unterschiede erst recht ein.

Alarmismus als Geschäftsmodell

Der Weg zur Verschwörungstheorie ist da oft nicht weit: Etwa, wenn die Publizistin und Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci ohne jeden Beleg öffentlich raunt, die SPD sei „durch Islamisten unterwandert“. Oder wenn der Bestseller-Autor Ahmad Mansour jede Gelegenheit nutzt, um Alarmismus zu verbreiten – und viel Geld mit „Präventionsprojekten“ verdient, die keiner wissenschaftlichen Prüfung standhalten, wie das Recherchenetzwerk Correctiv jüngst nachwies. Diese Art der Anti-Islamismus-Industrie ist ein lukratives Geschäft.

Selbstverständlich braucht es seriöse Strategien und Maßnahmen gegen religiöse Radikalisierung. Der Kampf gegen Extremisten in den eigenen Reihen kann aber nur mit der Mehrheit der Muslime geführt werden – nicht gegen sie. Der Konfrontationskurs dieser Regierung wird gesellschaftliche Spannungen dagegen nur anheizen.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Themenchef im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Am 19. November 2025 erscheint sein neues Buch "Die neue Lust auf Links" über das Comeback der Linkspartei im Goldmann Verlag.
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