Krieg im Sudan und in Tunesien: Klimafrage nach vorne bringen!
Können wir die Klimakrise unter dem Vorwand, dass es dringlichere Probleme gibt, ignorieren? Nein sagen Asia Mubarak Al-Jedairi und Lobna Al-Najjar.
Bauern fragen: Warum ernten wir weniger? Warum sterben unsere Tiere? Asia Mubarak Al-Jedairi antwortet ihnen. Sie lässt sich dabei weder durch Krieg noch Demonstrationen stoppen
Als ich 2021 während der Demonstrationen in unserer Hauptstadt Khartum eine Barrikade überwand, um unter den Demonstranten Unterschriften für eine CO2-neutrale Zukunft zu sammeln, haben sie mich für verrückt erklärt, aber das war mir egal. Gut, ich war damals im achten Monat schwanger und hatte mein Gesicht mit einer Maske gegen das Tränengas verdeckt – ich würde es wieder tun. Die Forderungen der Demonstranten nach einem demokratischen System und nach sozialer Gerechtigkeit sind für mich untrennbar mit dem Thema Klimaschutz verbunden.
25 Journalistinnen aus 16 arabischsprachigen Ländern haben sich im Projekt Green Panter der taz Panter Stiftung aufgemacht, neue Geschichten über das Klima zu schreiben. Die ägyptische Fotografin Gilan Hefny hat für diese Beilage in Alexandria die Folgen der Klimakrise dokumentiert. Eine Podcastfolge dazu gibt es im Format Freie Rede. Alle Texte, die im Rahmen dieses Projektes erschienen sind, erscheinen nach und nach hier.
Mein Ziel war und ist es, Menschen für die Auswirkungen der Klimakrise zu sensibilisieren. Sei es, dass ich in den vergangenen fünf Jahren rund 4.000 junge Menschen aus allen Bundesstaaten des Sudans dahingehend ausgebildet habe, sei es, dass ich gerade an einem Buch arbeite, das Bäuerinnen und Bauern ihre wichtigsten Fragen beantwortet: Warum ernten wir weniger? Warum sterben unsere Tiere? Warum haben wir kein Wasser? Woher kommen die Fluten? Wieso nehmen die Dürren zu?
Ich möchte, dass sie verstehen, dass der Klimawandel die Ursache ihrer Probleme ist und eben nicht nur der Krieg. Ich weiß, es ist nicht einfach, nicht zu verzweifeln. Als im Mai dieses Jahres mehrere Öllager in Port Sudan bombardiert worden sind, als die Brände mehr als acht Tage andauerten, als das Öl direkt in das Rote Meer lief, der Himmel von schwarzem Rauch verhangen war und niemand, wirklich niemand, etwas dagegen tat.
Ich dachte: Versteht denn niemand, es geht nicht nur um den Schutz der Meere? Wie jede Mutter, wünsche auch ich mir nur eines: Eine lebenswerte Zukunft für meine Kinder.
Aufgezeichnet von Hipa Salih. Die Journalistin musste vor dem Krieg in Sudan nach Uganda fliehen
Die Klimafrage darf im Rauch und Lärm des Krieges niemals untergehen
Können wir die Klimakrise unter dem Vorwand, dass es dringlichere Probleme gibt, ignorieren? Die Augen davor verschließen, dass Kriege nicht nur Menschenleben kosten, sondern auch unserer Umwelt schwer heilbare Wunden zufügen? Nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Auswirkungen der Kriege nicht mehr nur lokaler oder nationaler Natur sind, sondern global?
Nein!
Klimafragen können nicht aufgeschoben werden, bis die Kriege vorbei sind. Die Sorge um das Klima in Kriegszeiten ist kein Widerspruch. Die Erde ist nicht nur eine Bühne, auf der Schlachten geschlagen werden, sondern ein Lebewesen, das Schmerz, Wut und Rache empfindet. Wenn zukünftige Generationen das Recht auf eine sichere Umwelt haben, dann ist es unsere Pflicht als Journalistinnen, unsere Stimme zu erheben und nicht zuzulassen, dass die Klimafrage im Rauch und Lärm des Krieges untergeht.
Lobna Al-Najjar, Journalistin aus Tunis
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