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Rad-WM Ruanda gestartetHistorischer Moment

Zum Auftakt der Rad-WM gewinnt die Schweizerin Marlen Reusser das Zeitfahren. Ruanda nutzt die Gelegenheit, um sich im besten Licht zu zeigen.

Staunen über die Siegerin: Marlen Reusser auf dem Kurs durch Kigali Foto: Jerome Delay/ap
Von Tom Mustroph aus Kigali

Kigali taz | Die Weltmeisterschaften im Straßenradsport werden nicht nur zum ersten Mal in Afrika ausgetragen. Die Wettkämpfe begannen am Sonntag erstmals auch indoor, in der BK Arena in Kigali. Es handelt sich um eine der größten Veranstaltungshallen Ostafrikas. Mit einer kleinen Eröffnungsfeier präsentierte sich hier Gastgeber Ruanda voller Stolz.

„Heute schreiben wir Geschichte“, hob Ruandas Radsportpräsident Samson Ndayishimiye denn auch den besonderen Moment hervor. „Es handelt sich um einen Meilenstein für unseren Verband, für unsere Nation und den gesamten afrikanischen Moment, jetzt diese WM hier auf afrikanischem Boden zu eröffnen“, erklärte er. Und er betonte die Bedeutung des Radsports für Ruanda als „Teil unserer Kultur, Teil des täglichen Lebens und auch ein Symbol unserer Widerstandskraft“.

Die Wettkämpfe eröffnete auch eine ruandische Athletin. Xaverine Nirere, Zeitfahrmeisterin des Gastgeberlandes, machte sich als Erste auf den Rollen in der Arena warm. Sie fuhr auch als Erste von der Startrampe herunter.

„Es war ein besonderer Moment für mich. Dann auch die Stimmung an der Strecke war unglaublich“, sagte sie. Das stellten auch andere Athletinnen fest. „Schon der Start in der Arena war toll. An der Strecke schrien dann sogar Leute meinen Namen, und der ist wirklich nicht leicht auszusprechen“, sagte Kasia Niewiadoma, Tour-de-France-Femmes-Siegerin des letzten Jahres.

Ambitionen bei Xaverine Nirere

Das Rennen selbst verlief aber nicht so gut für die Polin. Nur auf Platz 14 kam sie, mit mehr als drei Minuten Rückstand auf die Siegerin Marlen Reusser aus der Schweiz. „Ich bin es einfach zu schnell angegangen. Und dann konnte ich nicht mehr das leisten, was ich vorgehabt hatte“, sagte sie.

Ganz anders war die Einschätzung von Nirere. Als 27. (von insgesamt 44 Starterinnen) benötigte sie drei Minuten länger als die Polin. „Aber ich habe gezeigt, was ich konnte“, meinte sie stolz. Für die Zukunft peilt sie Starts auch bei europäischen Rennen an. „Ich habe gesehen, dass ich mich mit Frauen aus Belgien und Frankreich messen kann. Eines Tages will ich auch an der Tour de France teilnehmen“, sagte sie.

Nirere war immerhin schon mit 16 Jahren ruandische Landesmeisterin. „Als ich in der sechsten Klasse war, bin ich zum Radsport gekommen. Mein Bruder fuhr auch Rad. Ich verband dann Schule und Radsport. Und als Corona kam und die Schule ausfiel, hatte ich viel Zeit für Radsport und wurde auch immer besser“, erzählte sie lächelnd. Aktuell fährt sie bei dem kenianischen Team Amani und trainiert auch entsprechend häufig in Kenia.

Für den einheimischen Radsport hat die UCI in diesem Jahr immerhin ein internationales Trainingszentrum eröffnet. „Dort veranstalten wir Trainingscamps für Athletinnen und Athleten, aber auch Weiterbildungen für Trainer und Rennkommissäre“, erzählt Jacques Landry, Direktor des Trainingsprogramms der UCI, der taz.

Der Nachwuchs aus Afrika

In Vorbereitung auf die WM wurden 65 Nachwuchssportlerinnen und -sportler aus insgesamt 35 afrikanischen Ländern in einem dreiwöchigen Trainingscamp ausgebildet. Sie starten bei den Rennen der U19- und U23-Kategorie. Siege erwartet Landry von ihnen bei dieser WM noch nicht. „Uns geht es erst einmal darum, eine Basis zu bilden“, sagte er.

Das ist durchaus löblich, weil die sportliche Perspektive weit über diese Weltmeisterschaft im eigenen Land hinausgeht. Diese wurde zum Auftakt am Sonntag als heiteres und freudvolles Fest inszeniert. Ganz in den Hintergrund geriet dabei, dass Ruanda weiterhin in den Krieg im Nachbarland DR Kongo verwickelt ist.

Dort werden Massaker durch die von Ruanda unterstützte Rebellengruppe M23 verübt. Aber dieser grausame Krieg schien während der Wettkämpfe an den gut abgesperrten Straßen der Hauptstadt Kigali weit weg.

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