Abschiebung trotz Aufnahmezusage: Pakistan schiebt Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage ab
Über 2.000 Afghan*innen sitzen in Pakistan fest, obwohl Deutschland zugesagt hat, sie aufzunehmen. Nun schob Pakistan erstmals rund 40 von ihnen ab.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bestätigte am Donnerstag, dass es Abschiebungen gegeben habe, allerdings ohne Details zu nennen. Pakistan sei seit Längerer Zeit schon bestrebt, Afghan*innen in ihr Herkunftsland zurückzuführen, so der Minister. Man unterstütze die Betroffenen. Nach taz-Informationen versuchten deutsche Stellen in Pakistan am Donnerstag, weitere laufende Abschiebungen zu verhindern.
Allerdings liegt es auch an Dobrindt, dass die Afghan*innen überhaupt noch in Pakistan ausharren mussten. Die Abgeschobenen gehören zu rund 2.300 Afghan*innen, denen im Rahmen von vier verschiedenen Aufnahmeprogrammen noch von der Ampelkoalition die Evakuierung und ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zugesichert worden war.
Juristische Zweifel
Mit dem BAP, dem größten der Programme, sollten Menschenrechtler*innen, Frauen, Homosexuelle und andere Menschen gerettet werden, die von den Taliban besonders bedroht sind. Für ehemalige Ortskräfte, etwa von der Bundeswehr, gibt es andere Aufnahmeverfahren.
Die neue schwarz-rote Bundesregierung hat alle Aufnahmeprogramme aber inzwischen beendet. Unions-Politiker haben offen angekündigt, keine Afghan*innen mehr einfliegen zu wollen. Innenminister Dobrindt tat sich dabei besonders hervor. Seit mehreren Monaten sitzen die Afghan*innen deshalb ohne Ausweg in Pakistan fest. Die Abschiebungen waren nicht die ersten dieser Art. Bei einem Versuch Ende vergangenen Jahres hatte die deutsche Botschaft in Islamabad erfolgreich interveniert.
Eva Beyer von der Kabul Luftbrücke beklagt, dass die Bundesregierung die Afghan*innen im Stich lasse: „Darunter sind Menschen, die wissen, dass sie das nicht überleben“, so Beyer. Manche von ihnen seien vor ihrer Flucht nach Pakistan gefoltert worden, andere vergewaltigt. Unter ihnen seien auch Mädchen, die noch keine 18 Jahre alt seien. Bei der Abschiebung sei eine Familie getrennt worden: „Ein Vater kam von einem Arztbesuch zurück in das Gästehaus, und seine Frau und Kinder waren nicht mehr da.“
Auch von der Opposition im Bundestag kam Kritik. Die Grünen-Abgeordnete Schahina Gambir nannte die Vorgänge einen „Skandal“ und fügte hinzu: „Statt die Menschen in Sicherheit zu bringen, werden sie dem Terrorregime der Taliban schutzlos ausgeliefert.“ Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, sagte: „Dieses Ausmaß an Unmenschlichkeit und das Versagen deutscher Regierungspolitik sowie deutscher Behörden ist immens.“
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte erst im Juli im Fall einer Afghanin mit Aufnahmezusage entschieden, dass sie auch Anspruch auf ein Visum und damit auf Einreise habe. Zahlreiche ähnliche Verfahren laufen derzeit noch. Unter den am Mittwoch in Pakistan Festgenommenen waren nach taz-Informationen mehrere Personen mit laufenden Gerichtsverfahren. Laut Kabul Luftbrücke wurden am Mittwoch mehrere juristische Verfahren positiv entschieden.
Aktualisiert am 14.08.2025 um 17:20 Uhr. d. R.
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