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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Israel erlaubt wieder kommerzielle Lieferungen nach Gaza

Die Einfuhr soll die Versorgungslage verbessern und werde „streng kontrolliert“. Derweil beschließt Netanjahu eine Ausweitung der Besatzung Gazas.

Hilfsgüterlieferung nach Gaza werden derzeit oft gekapert. Wie hier am 4. August in Chan Yunis Foto: Hatem Khaled/reuters

Kommerzielle Lieferungen für Gaza aufgenommen

Israel ermöglicht nach eigenen Angaben nun auch privaten Organisationen wieder die Lieferung von Gütern in den Gazastreifen. Es sei ein Verfahren genehmigt worden, um „die Wareneinfuhr durch den Privatsektor schrittweise und kontrolliert wieder aufzunehmen“, erklärte die für die Verwaltung der Palästinensergebiete zuständige israelische Behörde Cogat am Dienstag.

Ziel der Entscheidung sei es, „die Menge der in den Gazastreifen gelangenden Hilfsgüter zu erhöhen und gleichzeitig die Abhängigkeit von Hilfslieferungen der Vereinten Nationen und internationaler Organisationen zu verringern“, erklärte Cogat weiter. Die Maßnahme sei infolge der Entscheidung der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu getroffen worden, „die humanitäre Hilfe auszuweiten“. Israelische Sicherheitsbehörden hätten das Vorgehen vorbereitet.

Zu den für die zusätzlichen Einfuhren zugelassenen Gütern zählen laut Cogat „Grundnahrungsmittel, Babynahrung, Obst und Gemüse sowie Hygieneartikel“. Alle Waren würden vor der Einfuhr in den Gazastreifen einer „strengen Kontrolle“ durch die zuständige Behörde des Verteidigungsministeriums unterzogen. Ziel aller Kontrollmaßnahmen sei es, „die Beteiligung der Terrororganisation Hamas an der Beförderung und Verteilung der Hilfsgüter zu verhindern“.

Zur Lieferung zusätzlicher Güter sei eine „begrenzte Anzahl lokaler Händler“ zugelassen worden, fügte Cogat an. Voraussetzung seien „mehrere Kriterien“ und eine „strenge Sicherheitskontrolle“. Die Bezahlung der gelieferten Güter erfolge „ausschließlich per Banküberweisung unter Kontrolle und Aufsicht“. (afp)

Premier will laut Medienberichten Gaza völlig einnehmen

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll sich laut Medienberichten entschieden haben, den Gazastreifen vollständig einzunehmen. Dafür wolle er sich in den nächsten Tagen Rückendeckung des Kabinetts und der Militärführung holen, soll er zu Ministern seines Kabinetts gesagt haben. Das Nachrichtenportal ynetnews.com zitierte einen Offiziellen, der ihm nahesteht, mit den Worten: „Die Würfel sind gefallen – wir beabsichtigen, den Gazastreifen vollständig zu besetzen.“

Netanjahu selbst hatte zuvor nur so viel gesagt, dass er in dieser Woche das Sicherheitskabinett einberufen werde, um über das weitere Vorgehen in dem abgeriegelten und großflächig zerstörten Küstenstreifen am Mittelmeer zu entscheiden. In einer Video-Botschaft am Sonntag hatte er dargelegt, dass die islamistische Hamas, die dort vor 18 Jahren die Macht an sich gerissen hatte, aus seiner Sicht zu keiner Verhandlungslösung bereit sei.

Die israelischen Streitkräfte haben bislang zur Evakuierung von rund 75 Prozent der Fläche des Küstengebiets aufgerufen. Die Geiseln werden in jenen Teilen vermutet, in die das israelische Militär bislang nicht vorgedrungen ist und die weiterhin von der Hamas kontrolliert werden. Nach israelischer Einschätzung befinden sich derzeit noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen noch 20 am Leben sein sollen.

Das israelische Militär hat sich in der Vergangenheit gegen eine Komplett-Besatzung des Gazastreifens ausgesprochen. Die Beseitigung sämtlicher Hamas-Tunnel und -Bunker könne Jahre dauern, beschrieb die Times of Israel die Bedenken der Armeeführung. Auch könnten demnach Geiseln in Gefahr geraten und getötet werden, sollten israelische Truppen den Orten ihrer Gefangenschaft zu nahe kommen.

Den Medienberichten zufolge würde aber Netanjahu nunmehr dieses Risiko eingehen. „Es wird Militäreinsätze auch in Gebieten geben, in denen Geiseln festgehalten werden“, zitierte ynetnews den Offiziellen weiter. „Wenn der Generalstabschef (Ejal Zamir) damit nicht einverstanden ist, dann soll er zurücktreten.“

Medienberichten zufolge soll sich Zamir bei vergangenen Sitzungen des Sicherheitskabinetts heftige Diskussionen mit den ultrarechten Ministern in Netanjahus Regieurng geliefert haben. Netanjahu soll sich dabei zurückgehalten haben. (dpa)

Rakete aus Jemen abgefangen

Das israelische Militär hat eigenen Angaben zufolge am frühen Morgen eine Rakete aus dem Jemen abgefangen. Aufgrund des Angriffs wurde zuvor in mehreren Regionen Israels Fliegeralarm ausgelöst. Die mit dem Iran verbündeten Huthis haben die Rakete abgefeuert und wiederholt erklärt, ihre Angriffe seien ein Akt der Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen. (rtr)

🐾 Israelsolidarischer Linker Büttner bald ausgeschlossen?

Brandenburgs Antisemitismusbeauftragter Andreas Büttner wehrt sich gegen einen beantragten Partei-Ausschluss. Er wolle wie gehabt weitermachen, berichtet taz-Redakteur Erik Peter.

Castelucci gegen Sanktionen: „Weiter Brücken zu bauen“

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung und SPD-Politiker Lars Castellucci hat die Entscheidung der Bundesregierung verteidigt, wegen des Gaza-Kriegs zunächst keine Sanktionen gegen Israel zu verhängen. „Die Bundesregierung hat ihre Tonalität angesichts der israelischen Kriegsführung deutlich verändert“, sagte Castellucci dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. „Aber sie versucht weiter, Brücken zu bauen, statt mit einer verfrühten Anerkennung Palästinas als Staat oder mit Sanktionen die Fronten noch weiter zu verhärten“.

Die Koalition versuche, „als Freund ein Umdenken in Israel zu erzeugen“, fügte der SPD-Politiker hinzu. Allerdings müsse es schnell eine deutliche Verbesserung der Versorgungslage in Gaza geben. „Die bloße Einfahrt von mehr Lkw reicht dafür nicht aus. Es muss auch eine sichere Verteilung geben können“, sagte Castellucci. „Wenn sich dahingehend nichts bewegt, wird es weitere Schritte geben müssen.“

Angesichts der verheerenden humanitären Lage im Gazastreifen steht Israel international zunehmend unter Druck. Seit Tagen werden auch Forderungen an die Bundesregierung lauter, den Druck auf Israel zu erhöhen. Die Forderungen reichen von einem Stopp von Waffenlieferungen bis zur Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. Das Sicherheitskabinett fasste dazu am Montag keine Beschlüsse. Kanzler Friedrich Merz (CDU) sagte aber danach, die Bundesregierung behalte sich solche Schritte vor. Auch aus seiner Partei CDU kommen inzwischen Forderungen nach Sanktionen gegen Israel. (dpa)

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