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Sicherheit im StraßenverkehrWie Helsinki zu null Verkehrstoten kam

In den letzten zwölf Monaten starb in der finnischen Hauptstadt keine einzige Person im Verkehr. Nicht nur Tempolimits waren entscheidend.

In Helsinki kommen nicht nur Radfahrer sicher ans Ziel Foto: Julio Etchart/picture alliance

Härnösand taz | Überleben im Straßenverkehr ist keine Glückssache – das kann Verkehrsplaner Roni Utriainen jetzt am Beispiel Helsinki zeigen. Er hat gleich ein ganzes Erklärungsbündel für die gute Nachricht des Sommers: Seit mehr als einem Jahr ist in der finnischen Hauptstadt niemand mehr bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Der letzte tödliche Unfall wurde Anfang Juli 2024 registriert, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk Yle berichtet.

Als den wichtigsten von mehreren Faktoren für die Verbesserung der Verkehrssicherheit nennt Utrianien gegenüber Yle ein in Deutschland immer wieder heftig diskutiertes Mittel: weitreichende Geschwindigkeitsbegrenzungen. Inzwischen gelte auf mehr als der Hälfte von Helsinkis Straßen – in Wohngegenden und im Stadtzentrum – Tempo 30. Die Einhaltung wird durch zahlreiche Blitzer überwacht.

Die Stadt hat knapp 700.000 Einwohner. Eine vergleichbar große deutsche Stadt wäre Frankfurt am Main, wo die Polizei im vergangenen Jahr 17 Verkehrstote zählte.

Wie überall in Europa waren die Straßen auch in Finnland weit gefährlicher im vergangenen Jahrhundert – vor allem, bevor in den 1970ern die Gurtpflicht und Tempo 80 auf Landstraßen durchgesetzt wurden. In der Hauptstadt starben laut Yle aber auch Ende der 1980er Jahre noch 30 Menschen pro Jahr, bei unter 500.000 Einwohnern. Damals wurden zudem noch 1.000 Menschen jährlich bei Unfällen verletzt, jetzt sind es 300.

Tempo 30, schmale und grüne Straßen

Verkehrsplaner Utriainen sieht die positive Entwicklung als Erfolg jahrzehntelanger Bemühungen. Aktuell arbeitet man das Strategiepaket der Stadt für die Jahre 2022 bis 2026 ab. Neben Tempo 30 spiele die Gestaltung der Straßen für die Sicherheit eine entscheidende Rolle. Schmaler und mit mehr Bäumen wirkten sie quasi bremsend auf Autofahrende ein.

Der Ausbau eines großen Fahrradwege-Netzes, sichererer Fußgänger-Überwege und smarterer Kreuzungen hätten ebenfalls dazu beigetragen, Helsinki sicherer zu machen. Ein Großteil der Planung sei datenbasiert geschehen, dank immer besserer Verkehrsüberwachungssysteme, betont Utriainen.

Im Gesamtpuzzle für mehr Verkehrssicherheit spiele auch der technische Fortschritt der Fahrzeuge selbst eine Rolle – und der Öffentliche Nahverkehr: Der sei in Helsinki hervorragend, was die Autonutzung reduziere – und damit die Zahl schwerer Unfälle.

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Auch für das Land insgesamt meldete Finnland in den vergangenen Jahren sinkende Zahlen bei Unfalltoten, sie liegt jetzt unter 200. Zugleich trügen aber beispielsweise Trunkenheit am Steuer, überalterte Autos und das Missachten der Gurtpflicht dazu bei, dass weiterhin Menschen im Straßenverkehr sterben.

Für die finnische Hauptstadt galt schon 2019 als großes Erfolgsjahr: Erstmals war dort damals kein Fußgänger bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.

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1 Kommentar

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  • Hier in DE stehen sich bei kluger Verkehrsplannung leider oft die Leute selbst im Weg.



    In Osnabrück beispielsweise sterben Fahrradfahrer besonders häufig durch Lkws und dem berüchtigten totem Winkel. Man will deshalb schon seit langen die Lkws aus der Stadt raus kriegen. Da ne wichtige Bundesstraße aber durch die Stadt geht, erlaubt das Land das erst wenn die A33 zur Umgehung fertig gestellt wird.



    Die versucht man natürlich auch seit Jahrzehnten fertig zu kriegen, aber...



    Aktuell ist es glaub ich irgendein Insekt weshalb das nicht geht, oder ne frosch Art eventuell. Keine Ahnung, die Anwohner dort lassen sich ständig was neues einfallen.

    Treppenwitz: an beiden Stellen, sowohl die die in der Stadt die Umleitung wollen, sowie auch außerhalb die die sie nicht wollen, sind Politiker der Grünen mit am wurschteln... xD