Export von deutschem Bier: Katerstimmung bei deutschen Brauereien
Die Absatzmärkte in die USA und Russland brechen weg, fürchten die deutschen Bierhersteller. Im Inland helfen ohnehin oft nur Rabatte.

Letztlich könnten Biertrinker in Deutschland preislich von den schlechteren Exportchancen sogar profitieren. Denn in der deutschen Braubranche bestehen erhebliche Überkapazitäten, und der Bierabsatz im Inland schrumpft im laufenden Jahr kräftig weiter, wie die Zahlen für die ersten Monate zeigen.
„Die deutschen Brauereien sind seit dem 5. April 2025 von dem zehnprozentigen Basiszollsatz der USA betroffen sowie bei Bier in Aluminiumdosen von dem 25-prozentigen Zusatzzoll auf den Aluminiumanteil“, sagt der Geschäftsführer des Verbandes der Ausfuhrbrauereien Nord-, West- und Südwestdeutschlands, Rodger Wegner. Im Juli könnte der Zoll sogar auf 20 Prozent steigen, falls sich die USA und die EU nicht bei den generellen Zöllen einigten.
Nach Daten des Statistischen Bundesamts gehen 18 Prozent der deutschen Bierproduktion in den Export. Das waren zuletzt 1,45 Milliarden Liter. Die größten Absatzmärkte waren 2024 wertmäßig Italien mit 324 Millionen Euro, China mit 94 Millionen Euro, Russland mit 85 Millionen Euro, Frankreich mit 71 Millionen Euro und die USA mit 68 Millionen Euro.
Im Inland weniger Durst
In den vergangenen Jahren hat der vergleichsweise stabile Export den Brauereien geholfen, die noch stärkeren Absatzeinbrüche im Inland besser zu verkraften. Zwischen 2014 und 2024 ging der Inlandsabsatz um 15 Prozent zurück, während der Export um 6 Prozent schrumpfte.
Von einer Verzehnfachung des Zolls in Russland auf 1 Euro je Liter Bier sind nach Ansicht von Niklas Other, Herausgeber des Getränkefachmarktmagazins Inside, die dort noch vertretenen Hersteller von Billigbier betroffen. „Das sind damit wieder Überkapazitäten, die jetzt auf andere Exportmärkte und auch auf den deutschen Biermarkt drücken“, beschreibt er. Etliche Hersteller von großen deutschen Biermarken hatten sich hingegen bereits nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine 2022 aus dem russischen Markt zurückgezogen.
Aber nicht nur in der untersten Preislage bleibe der Wettbewerb zum Vorteil der einheimischen Biertrinker groß. Wie das Ostergeschäft wieder gezeigt habe, setzten Handelskonzerne Sonderangebote bei Bier mit Preisen zu 9,99 Euro je Kasten 20 Halbliterflaschen nach wie vor regelmäßig als „Lockvogel“ ein, um Kunden in ihre Läden zu ziehen. „Wer kauft dann schon zum Normalpreis, wenn er weiß, dass demnächst bestimmt wieder ein Angebot kommt“, sagt Other. Bei der meist getrunkenen Biersorte Pils in Deutschland würden seit langem mehr als zwei Drittel der Biermenge über Aktionsangebote verkauft.
Neue Märkte suchen
Mit Veltins und Krombacher zeigen sich zwei Hersteller von großen Biermarken aus Nordrhein-Westfalen bei ihrem Exportgeschäft gelassen. Veltins rechnet nach einer Absatzschwäche im vergangenen Jahr mit einem Zuwachs für 2025. Bei der Privatbrauerei Krombacher mache der Export mit etwa 5 Prozent nur einen ganz kleinen Teil des Absatzes aus. Der Bierhersteller Oettinger, der außerhalb Bayerns unter anderem eine Brauerei in Mönchengladbach besitzt, will Asien stärker in den Fokus nehmen. „Auch uns tangiert die Branchenentwicklung. Wir arbeiten intensiv daran, den Export nach Asien zu intensivieren, um neue Märkte zu erschließen und unsere internationale Präsenz weiter auszubauen“, hieß es.
Der Bierabsatz im Inland verlief unterdessen in den ersten beiden Monaten 2025 für die Branche erschreckend schwach. Insgesamt sei der Bierabsatz in Deutschland im Januar und Februar um gut 570.000 Hektoliter im Vergleich zum Vorjahreszeitraum geschrumpft. „Das sind fast 115 Millionen Halbliter-Krüge, denen sich die Biertrinker verweigert haben“, meint Other. Auch für das Gesamtjahr sei die Prognose eher mau: „Da müsste ein Supersommer kommen, um den deutschen Brauern den Absatz zu retten.“
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