piwik no script img

Antwort auf Anfrage der LinkenFast 50 Afghanen vor Ausreise nach Deutschland gestorben

Noch immer warten viele Afghanen mit einer Aufnahmezusage auf ihre Ausreise. Die Linke fordert, sie schnell nach Deutschland zu holen.

Taliban an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan, März 2025 Foto: Shafiullah Kakar/AP

Berlin (epd |) Fast 50 Afghaninnen und Afghanen, für die aufgrund ihrer Gefährdung in der Heimat eine Ausreise nach Deutschland infrage gekommen wäre, sind vorher gestorben. Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen der Linken hervor. Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisiert vor diesem Hintergrund die Verzögerungen bei den Aufnahmeprogrammen. Um weitere Todesfälle zu vermeiden, „müssen die deutschen Behörden alles daransetzen, zumindest die bereits gemachten Aufnahmezusagen jetzt schnell umzusetzen“, sagte Bünger dem Evangelischen Pressedienst.

Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion hatte jüngst wieder bei der Bundesregierung abgefragt, wie viele Menschen aus Afghanistan mit einer Aufnahmezusage für Deutschland gestorben sind und unter welchen Umständen sie ums Leben kamen. Laut aktueller Antwort auf die Schriftliche Frage, die dem epd vorliegt, sind nach Kenntnis des Bundesverteidigungsministeriums seit der jüngsten Abfrage im Juli 2023 vier ehemalige Ortskräfte verstorben, davon eine Ortskraft gewaltsam. Das Auswärtige Amt habe Kenntnis von fünf anderen während des Aufnahmeverfahrens gestorbenen Personen, eine davon durch einen Unfall. Bei den anderen Todesfällen handelt es sich den Angaben zufolge um natürliche Tode.

Mit diesen neun Todesfällen summiert sich die Zahl verstorbener afghanischer Mitarbeiter der Bundeswehr oder Menschen, die wegen ihres demokratischen Engagements unter den Taliban in Afghanistan in Gefahr sind und deswegen auf Schutz in Deutschland hoffen können, nach Berechnung von Bünger auf 46. „Es ist gut möglich, dass ihr Leben hätte gerettet werden können, wenn die Ausreiseverfahren sich nicht über Monate und teils Jahre hinziehen würden“, erklärte sie.

2.800 warten in Pakistan

In keinem der gewaltsamen Todesfälle gibt es nach Angaben der Bundesregierung einen direkten Bezug zur Tätigkeit für die deutschen Streitkräfte. Die Aufnahmeprogramme für Ortskräfte sowie gefährdete Afghaninnen und Afghanen sind politisch umstritten. Zumindest die Union will sie schnellstmöglich beenden.

Mitte März warteten laut Auswärtigem Amt noch rund 2.800 Afghaninnen und Afghanen mit einer Aufnahmezusage auf eine Ausreise nach Deutschland, in der Regel in Pakistan. Ihnen droht inzwischen die Abschiebung: Die pakistanische Regierung hatte angekündigt, alle Afghanen und Afghaninnen ohne offizielle Aufenthaltsgenehmigung des Landes zu verweisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Danke für das Erinnern an dieses traurige Versagen Deutschlands.

    Trotzdem, warum dieser billige, reisserische Titel.



    Damit wird das Ganze zur Leichen Fledderei!

  • Was wohl der Chef des BAMF davon hält? Schon gesehen? Der hält gar nichts vom Asylrecht:

    www.zeit.de/politi...d-sommer-asylrecht

    Wer so alles seinen Beamtenstatus behalten darf, obwohl er offen gegen das Grundgesetz ist ...

    Irgendwie habe ich noch keinen Artikel in der TAZ darüber gesehen. Kommt aber vielleicht noch?!

    • @Jalella:

      Nur weil jemand das Grundgesetz ändern will, ist er nicht gegen das Grundgesetz. Gerade erst hatte sich eine breite Mehrheit zur Änderung des GG im Parlament gefunden.

  • Die "wiedererstarkte, machtvolle" 8,9 % Linke hat jetzt eine kleine Anfrage an den Bundestag gestellt. Was ändeert sich jetzt. Werden in den nächsten 4 Wochen 5000 gefährdete Afghanen geholt. Nein, es ändert sich nichts.

  • Soweit zu den deutschen Versprechen und Zusagen; das wird dazu führen, dass Deutschen Bürger*innen keine Hilfe und Untersützung mehr zukommen wird, sobald dies für die Ortskräfte gefährlich/ riskant sein wird.



    Schande über die deutschen Politiker*innen, die dies zu verantworten haben! Ich hoffe ihnen wir das irgendwann auf die eigenen Füße fallen..

    • @Insieme:

      "... das wird dazu führen, dass Deutschen Bürger*innen keine Hilfe und Untersützung mehr zukommen wird, sobald dies für die Ortskräfte gefährlich/ riskant sein wird."

      Hier bin ich anderer Meinung. Geld ist üblicherweise ein starker Motivator und die Ortskräfte wurde verglichen mit ihren MitbürgerInnen enorm gut bezahlt.

  • Na ja, bei 2800 Wartenden und einer Lebenserwartung, die doch deutlich unter der deutschen liegt, ist das (bei Annahme einer gleichmäßigen Altersverteilung) sogar noch unter der statistisch zu erwartenden Todesrate aus natürlichen Ursachen. Das Warten ist der Skandal, nicht die Toten.

  • Das "jedes Leben zählt" aus der Corona-Zeit war natürlich nicht für dunkelhäutigere Menschen gedacht.



    Spätestens mit unserer CDU Regierung, die hier eins zu eins AfD ist, sind Menschenrechte Schnee von gestern. Und die SPD war auch nicht sehr viel besser.



    Wie es um die Ausführung im Zweifelsfall steht, hat Böhmermanns Recherche zur Bundespolizei gezeigt.



    Gut, dass Reul keine Untersuchung zu rechtsextremen Tendenzen in der Polizei wollte. Was da wohl rausgekommen wäre.



    Deutschland, Du hast das Abrutschen in den Faschismus schon so gut wie hinter Dir. Warte geduldig aufs Schafott.



    Glaubt noch jemand, dass sich das aufhalten ließe? Wo niemand auch nur das Geringste dagegen zu tun versucht?

    • @Jalella:

      Wenn das ein Indiz für ein Abrutschen in den Faschismus ist, wie viele Staaten befinden sich dann bereits dauerhaft im Faschismus? 90-95%

  • „In keinem der gewaltsamen Todesfälle gibt es nach Angaben der Bundesregierung einen direkten Bezug zur Tätigkeit für die deutschen Streitkräfte.“

    Also gab und gibt es keinen Grund für die Aufnahmezusagen? Dann ist niemand mehr einzufliegen und erteilte Zusagen sind zu widerrufen.

  • Im Artikel ist, von einer Ausnahme abgesehen, von Unfällen und natürlichen Todesursachen die Rede, und beim gewaltsamen Tod wird nicht näher auf die Umstände eingegangen. In Anbetracht dessen ist die Überschrift durchaus als reißerisch zu bezeichnen