: 1.327 Kilometer im Sattel
Von den Alpen bis Cuxhaven auf dem Pferderücken: Ralf Schauwacker hat über den Langstreckenritt „TransGermania“ einen Reisefilm im Werbespot-Stil gedreht
Von Wilfried Hippen
Nein, wie ein Wettrennen sieht es überhaupt nicht aus: Galoppierende Pferde werden im Film „TransGermania – Vom Alpenrand zum Meeresstrand“ nicht gezeigt. Auch trabende Hengste mit fliegenden Mähnen sucht man vergebens. Meistens bewegen sich die Vierbeiner und ihre Reiter*innen im ruhigen Schrittgang. Und oft sieht man die Menschen mit den Pferden am Zügel langsam durch die Landschaften wandern.
Die Zeit wird bei diesem Wettbewerb nicht gemessen, denn beim Langstreckenritt durch Deutschland ging es nicht um Schnelligkeit, sondern um Ausdauer: In 21 Tagen mussten insgesamt 1.327 Kilometer geritten werden. Gewonnen hatte, wer die gesamte Strecke mit reiner Körperkraft bewältigen konnte. Nur die eher gemütlich als sportlich wirkende Sulkyfahrerin Sabrina Fritsch hat das mit ihrem Pony geschafft. Nur sieben von insgesamt 66 Reiter*innen haben mindestens 1.000 Kilometer der Strecke auf ihren Pferden zurückgelegt.
Der Aufwand, mit dem die Reiter*Innen im Sommer 2024 durch Deutschland zogen, war beträchtlich: Eine Karawane mit 150 Begleiter*innen reiste drei Wochen lang mit ihnen von Lagerplatz zu Lagerplatz. Darunter waren auch die sogenannten Trosser, die sich um die Verpflegung von Ross und Reiter auf dem Weg kümmerten. Für viele Reiter*innen gab es Ersatzpferde in Reserve. Die Organisatoren sprechen von einer Vorbereitungszeit von fünf Jahren, allein die Kosten für die 21 Lagerplätze müssen beträchtlich gewesen sein. Die Veranstaltung fand weitgehend ohne Medienpräsenz und damit auch ohne die beim Sport üblichen finanzkräftigen Sponsoren statt.
„TransGermania – Vom Alpenrand zum Meeresstrand“ von Ralf Schauwacker, Deutschland 2025, 92 Minuten
Premiere als Heimspiel des „Bremer Filmbüro“: So, 23. 2., 12 Uhr, im Bremer Kommunalkino City 46
„TransGermania“ ist ein Reisefilm mit Pferden. An den einzelnen Stationen wird jeweils eine kulinarische Spezialität lecker ins Bild gesetzt, vom Hirschgulasch mit Spätzle im Allgäu bis zur Fischsuppe in Niedersachsen. Am wichtigsten aber sind die Pferde. Ausführlich wird über die Wehwehchen der Vierbeiner berichtet. Mal von besorgten Reiter*innen, mal von der scheinbar allgegenwärtigen Tierärztin, die den Pferden den Puls misst oder in den Pferdebauch horcht, um das gesunde „Gluckern im Blinddarm“ zu hören.
Der in Bassum bei Bremen lebende Filmemacher Ralf Schauwacker hat sich mit Pferdefilmen eine Nische geschaffen. Für seine Firma Schauwacker Filmproduktion dreht er vor allem Lehr- und Trainingsfilme mit Titeln wie „Klassische Arbeit an der Hand“ oder „Bosal – mit Leichtigkeit und Eleganz gebisslos reiten“ sowie Porträts von PferdetrainerInnen wie „Katja Schnabel – Mut zur Freiheit“. Alle paar Jahre dreht er auch einen ambitionierteren Film wie „Lustianogestüt La Perla“, der 2019 den ersten Preis beim Pferdefilmfestival „Equinale“ auf Schloss Neuhoff in Mecklenburg gewann.
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Schauwacker hat ein gutes Auge für Pferde in der Landschaft. So ist ihm am Flughafen Memmingen eine Aufnahme gelungen, in der eine Gruppe von Reiter*innen von einer startenden Passagiermaschine überflogen wird, die wie ein poetisches Sinnbild wirkt. Dagegen mögen die vielen Drohnenaufnahmen den nicht pferdeaffinen Zuschauer*innen ein wenig redundant erscheinen, aber für sie ist dieser Film ja auch nicht gemacht.
Dies ist ein Film von Pferdenarren für Pferdenarren, ein Imagefilm ohne kritische Distanz und mit den Stilmitteln von Werbespots. Er hat also ein zahlenmäßig eher kleines, dafür aber sehr treues und oft gut betuchtes Zielpublikum. Und in diesem Rahmen ist Schauwacker hier ein Film gelungen, der ganz auf die Erwartungen der Zuschauer*innen zugeschnitten ist. Er ist zudem mit schwungvoller Eleganz geschnitten, und der Bremer Musiker Rolf Kirschbaum hat auf seinen Instrumenten Gitarre, Lapsteel und Wasserkanister einen flotten Country-Blues-Soundtrack eingespielt, der in Teilen frappierend an den Klassiker „Who Do You Love“ von Bo Diddley erinnert.
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