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Berliner AmtsgerichtsentscheidungStrafbefehl gegen Prügelpolizisten

Bei einer Universitätsbesetzung griff ein Polizist einen Journalisten an. Wegen Körperverletzung im Amt soll er jetzt eine Geldstrafe zahlen.

Großer Polizeieinsatz: Räumung des Instituts für Sozialwissenschaften an der HU Berlin im Mai 2024 Foto: Stefan Frank/imago

Berlin epd/taz | Das Berliner Amtsgericht Tiergarten hat gegen einen Polizeibeamten wegen der Attacke auf einen Journalisten einen Strafbefehl erlassen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft legte das Amtsgericht eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80 Euro fest, wie die Staatsanwaltschaft Berlin am Freitag mitteilte.

Der 32-jährige Polizist soll im Mai vergangenen Jahres bei der Räumung eines von pro-palästinensischen Ak­ti­vis­t:in­nen besetzten Instituts der Humboldt-Universität einen Journalisten zu Unrecht festgenommen und dabei verletzt haben.

Am Abend des 23. Mai 2024 räumte die Polizei das Institut für Sozialwissenschaften in Berlin-Mitte, in dem sich mehrere Personen verbarrikadiert hatten. Ignacio Rosaslanda, ein Videoreporter der Berliner Zeitung, befand sich ebenfalls in den Räumen, um die Besetzung und Räumung zu dokumentieren.

Dabei soll er laut Staatsanwaltschaft sichtbar einen Presseausweis um den Hals getragen sowie eine Kamera und ein Handy in den Händen gehalten haben. Der Polizeibeamte soll den Journalisten trotzdem zu Boden gebracht und ihm Handfesseln angelegt haben, wobei der Videojournalist Verletzungen im Gesicht und am Körper erlitt.

„Mit der Faust ins Gesicht“

Der junge schmächtige Mann schilderte der taz das Vorgehen des Polizisten folgendermaßen: „Er griff meinen Rucksack, drehte mich zu sich und schlug mir dann zweimal schnell hintereinander mit der Faust ins Gesicht.“ Ein Schlag habe ihn an der Schläfe getroffen, der zweite am Kiefer. Sein Handy, seine Brille und seine Kamera seien dabei auf den Boden gefallen. Durch den zweiten Schlag sei er selbst zu Boden gegangen.

Eine Sanitäterin, die als Teil einer Gruppe von Freiwilligen während der Besetzung vor Ort war, berichtete der taz: „Als wir in den 4.Stock gekommen sind, lag der Journalist auf dem Boden. Ihm waren Handschellen angelegt und ein Polizist kniete auf seinem Rücken.“ Als die freiwilligen Sa­ni­tä­te­r:in­nen dem Polizisten gesagt hätten, er solle den Druck auf Rosaslandas Rücken verringern, habe der Polizist geantwortet, man solle ihm nicht sagen, wie er seine Arbeit zu machen habe.

„Verletzungen in Kauf genommen“

Erst nach drei Stunden hatte Rosaslanda gehen dürfen und sich in Begleitung eines Kollegen in die Rettungsstelle der Charité begeben. Im Arztbericht seien „multiple Schürfwunden und Hämatome über dem linken Ohr, im Gesicht, auf dem Brustkorb und am linken Arm“ vermerkt, schrieb die Berliner Zeitung.

Dem Polizeibeamten wirft die Staatsanwaltschaft vor, dass er hätte erkennen müssen, dass sich das polizeiliche Vorgehen nicht gegen den Journalisten richtete, sondern gegen die Besetzer. Er soll zudem Verletzungen des Mannes in Kauf genommen haben.

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7 Kommentare

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  • Vor dem Gesetz sind alle gleich.

    Das Strafmaß von 90TS reicht leider nicht um den Polizisten aus dem Dienst zu entfernen.

    Bleibt zu hoffen, dass auch die Diziplinarkammer hier ein Zeichen setzt.

  • "Prügelpolizist"? Das ist BILD-Niveau.

  • Ein Polizist soll bestraft werden und bezahlen? Mal sehen wie seine Kameraden das zu verhindern wissen. Bisher kann ich mich an keinen solchen Fall erinnern wo das geklappt hätte. Und was ist mir der Gegenanzeige, die traditionell erfolgt? Im Artikel fehlen die Informationen darüber.

    • @realnessuno:

      Mal sehen wie seine Kameraden das zu verhindern wissen."

      Wollen sie andeuten, dass durch einen gewissen Korpsgeist Falschaussagen üblich sind ?

  • taz: *Als die freiwilligen Sanitäter:innen dem Polizisten gesagt hätten, er solle den Druck auf Rosaslandas Rücken verringern, habe der Polizist geantwortet, man solle ihm nicht sagen, wie er seine Arbeit zu machen habe.*

    Anscheinend sind deutsche Polizisten schon genauso "intelligent" wie viele Polizisten in den USA und wollen wohl auch wegen Tötung eines unschuldigen Menschen ins Gefängnis (siehe hierzu 'Tötung von George Floyd' in den USA). Es ist aber gut, dass die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht diesmal durchgegriffen haben, denn normalerweise wird bei Polizeigewalt in diesem Land bekanntlich ja nie ernsthaft ermittelt, und Strafen gibt es für Prügelpolizisten auch nie.

    • @Ricky-13:

      Tötung eines unschuldigen Menschen ?



      Da brauchen sie garnicht über den großen Teich zu schielen.



      Ein Blick nach Dortmund könnte ausreichen ...

    • @Ricky-13:

      Ihr letzter Satz enthält aber einen Widerspruch. Trotz des tapferen Einschreitens der Staatsanwaltschaft wird es für den Polizisten keine spürbaren Konsequenzen haben, wie viele fälle aus der Vergangenheit beweisen. Solange solche Handlungen von Beamten keine tiefgreifenderen Konsequenzen haben, wie z.B. Ausübungssperre mit Nachschulung der Art und Weise der Dienstausübung, wird sich nix ändern.