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Die Umweltchampions in der Landwirtschaft

Die linken Parteien wollen die Agrarbranche anhalten, ökologischer zu werden. Union und FDP dagegen stehen ihren Wahlprogrammen zufolge für Abbau von Umweltvorschriften

Die Gänse Nils, Smilla und Toni wurden vor der Schlachtung gerettet. Nicht auszuschließen, dass sie wütend auf schlechten Tierschutz sind Foto: Nikita Teryoshin

Von Jost Maurin

Die Grünen, die Linke und die SPD legen in ihren Wahlversprechen mehr Wert auf Umweltschutz in der Landwirtschaft als CDU/CSU, FDP, BSW und AfD. Am meisten versprechen die Grünen und die Linke. Die Grünen wollen die Förderung des tierfreundlichen Umbaus von Schweineställen fortsetzen und die Kennzeichnung der Haltungsbedingungen ausweiten. Ziel sei: „Weniger Tiere besser halten.“

In den Agrarabschnitten der Wahlprogramme steht viel auf dem Spiel: Die deutsche Landwirtschaft erzeugt die meisten Lebensmittel für den hiesigen Verbrauch. Die Branche ist aber auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Sie verursachte 2022 inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen laut Umweltbundesamt 13 Prozent der Treib­hausgase in Deutschland. Viele Tiere werden unter Bedingungen gehalten, die die meisten Deutschen kritisieren.

Auch deshalb wollen die Grünen die Haltung von Tieren auf der Weide, die klimafreundliche Landwirtschaft auf nassen Moorböden und überhaupt umweltfreundliche Agrarmethoden fördern. Um die Überdüngung zu begrenzen, sollen Landwirte weiter in einer Nährstoffbilanz ermitteln, wie viel Stickstoff etwa sie in die Umwelt abgeben. Damit Bauern genügend für ihre Produkte bekommen, solle ein „Gebot des Kaufs zu kostendeckenden Preisen entlang der gesamten Lebensmittelkette“ eingeführt werden.

Auch Linke und BSW wollen mit Mindesterzeugerpreisen die Landwirte schützen. Die Linke will auch, dass die Tierbestände schrumpfen und die Bundesförderung des tierschutzrelevanten Stallumbaus ausgeweitet wird. Die Linke schreibt aber zudem: „Häufigere unangekündigte Kontrollen und härtere Strafen bei Verstößen gegen den Tierschutz sind nötig.“ Anders als die Grünen verlangt die Linke auch, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel inklusive pflanzlicher Alternativprodukte wie Haferdrinks abzuschaffen. Nur die Linkspartei setzt sich auch für ein staatliches Label ein, „das Klima, Umwelt, Tierschutz, Gesundheit und soziale Aspekte berücksichtigt“. Zudem will sie ein Werbe- und Marketingverbot für ungesunde Lebensmittel, besonders vor Kindern und Jugendlichen. Der Zuckergehalt vor allem in Softdrinks müsse geregelt, Lebensmittelverschwendung und -spekulation verboten werden.

Die SPD geht in Sachen Landwirtschaft und Ernährung in eine ähnliche Richtung wie Grüne und Linke, äußert sich aber weniger ausführlich und konkret. Sie sagt zu, die Subventionen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union zu reformieren. „Mit der neuen GAP-Förderperiode ab 2028 wollen wir all jene stärker unterstützen, die die Ressourcen Wasser, Boden und Luft schonen, zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen und Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung durchführen“, so die Sozialdemokraten.

Präziser als die Grünen werden sie beim Kampf gegen eine ungesunde Ernährung, setzen aber mehr auf Kooperation mit der Industrie als die Linke: „Um den Zucker-, Salz- und Fettgehalt in unseren Lebensmitteln zu reduzieren, legen wir verbindliche Ziele fest und setzen ökonomische Anreize für weniger gesundheitsschädliche Produkte – über eine Herstellerabgabe für zucker­haltige Getränke.“

CDU/CSU übernehmen wie das BSW die prominenteste Forderung der Bauernproteste im vergangenen Winter: Die Landwirte wollen, dass ihnen weiterhin rund 450 Millionen Euro jährlich an Energiesteuer auf den Diesel für Traktoren und andere Landmaschinen erstattet werden. Die Union spricht sich „gegen eine Reduktion“ der Tierzahlen aus. Die jährlich mehr als 6,3 Mil­liarden Euro Agrarsubventionen der EU für Deutschland sollen die Landwirte nach dem Willen der Union für noch weniger Gegenleistung bekommen. Sie unterstützt aber den Plan, die obligatorische Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln auszuweiten. „Wir sorgen für eine verlässliche Finanzierung tierwohlgerechter Ställe und schaffen genehmigungsrechtliche Hürden ab“, heißt es. CDU und CSU wollen „Moore schützen und wiedervernässen“, was große Mengen Treib­haus­gase einsparen könnte.

Die FDP plädiert klar dafür, Genveränderungstechnologien bei Pflanzen zu nutzen. Eine Abgabe auf Zucker lehnt sie ab. Mit Agrarsubventionen will sie stärker „Produktivität und Technologien“ fördern.

Das BSW spricht sich zum Beispiel für „bezahlbare Pflanzenschutzmittel“ aus. Die AfD hat bis Redaktionsschluss nur „Kernforderungen“, kein detailliertes Wahlprogramm veröffentlicht. Darin wendet sie sich zum Beispiel gegen eine „Überregulierung durch die EU“.

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