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Neujahrsanschlag in Las VegasSuche nach dem Motiv

Vor dem Trump-Hotel explodiert ein Tesla-Cybertruck, zuvor erschießt sich dessen Fahrer. Was den Soldaten zu der Tat trieb, ist noch unklar.

Nach Cybertruck-Brand vor Trump-Hotel Foto: Alcides Antunes/ap

Washington taz | Ein dekorierter US-Soldat, der bis vor kurzem in Deutschland stationiert gewesen sein soll, steckt laut Behörden hinter dem Neujahrs-Anschlag vor dem Trump-Hotel in Las Vegas. Das genaue Motiv ist noch immer nicht geklärt, doch die Polizei geht davon aus, dass Matthew Alan Livelsberger beabsichtigt hatte, mehr Schaden und Leid durch die Explosion seines gemieteten Tesla-Cybertrucks zu verursachen.

Insgesamt wurden sieben Menschen bei der Explosion am Morgen des 1. Januar leicht verletzt. Livelsberger, der im Fahrzeug bis zur Unkenntlichkeit verbrannte, nahm sich per Kopfschuss zuvor selbst das Leben. Dass die Explosion des mit Feuerwerkskörpern und Benzinkanistern beladenen Cybertrucks nicht mehr Schaden verursacht habe, liegt laut Behörden unter anderem an der Stahlkonstruktion des Fahrzeugs und an der primitiven Bauweise des Sprengstoffs.

„Das Niveau entspricht nicht dem, was wir von einer Person mit dieser Art von Militärerfahrung erwarten würden“, sagte der Sonderermittler Kenny Cooper von der Behörde für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoffe (ATF).

Der 37-jährige Livelsberger habe laut Behörden den Cybertruck am vergangenen Samstag gemietet und sei dann von Colorado aus nach Las Vegas aufgebrochen. Livelsberger war ein dekorierter Soldat, der dem Spezialeinsatzkommando der Green Berets angehörte. Was genau ihn dazu bewegte, am Neujahrstag in Las Vegas einen Anschlag zu verüben, ist weiter unklar.

Keine Hinweise auf eine Ideologie

„Es ist uns nicht entgangen, dass sich der Vorfall vor dem Trump-Gebäude ereignete und dass es sich um ein Tesla-Fahrzeug handelte, aber wir haben derzeit keine Informationen, die uns definitiv sagen oder nahelegen, dass eine bestimmte Ideologie dahinter stecken würde“, sagte FBI-Sonderermittler Spencer Evans. Damit spielte er auf die Beziehung zwischen dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump und Tesla-Gründer Elon Musk an.

Laut US-Medien sollen erste Untersuchungen und Befragungen im Umfeld von Livelsberger ergeben haben, dass er und seine Frau kurz vor dem vermeintlichen Attentat in einen Streit geraten waren. Dabei soll es um Beziehungsprobleme gegangen sein. Ob dies am Ende eine Rolle gespielt hat, ist nicht bekannt.

Er und seine Frau sollen zusammen in Colorado Springs gelebt haben und eine gemeinsame acht Monate alte Tochter haben. Sein Onkel beschreibt Livelsberger im Interview mit The Independent als „Rambo“-Typ und Trump-Anhänger.

Livelsberger, der seit 2006 als Soldat in der US-Armee gedient hatte, erhielt während seiner Laufbahn mehrere Auszeichnungen für seine Leistungen. Er war auch mehrmals im Ausland eingesetzt – darunter in Afghanistan, in der Ukraine, dem Kongo und Georgien. Zuletzt war er in Deutschland stationiert. Zur Zeit des Anschlags war er jedoch beurlaubt.

Islamistisch inspirierter Anschlag

Die Explosion in Las Vegas erfolgte nur wenige Stunden nachdem ein Attentäter mit einem Pickup-Truck in New Orleans in eine Menschenmenge gerast war. Dabei waren mindestens 15 Menschen getötet worden – darunter auch der Fahrer selbst. Indizien sprechen für einen islamistisch inspirierten Terroranschlag.

US-Präsident Joe Biden erklärte noch am Mittwoch, dass das FBI untersuche, ob es irgendwelche Zusammenhänge zwischen den beiden Ereignissen gebe. Bislang haben die Ermittlungen nichts Handfestes erbracht. Sowohl Livelsberger als auch der Attentäter von New Orleans, Shamsud-Din Bahar Jabbar (42), waren während ihrer Militärlaufbahn auf einem US-Stützpunkt in North Carolina stationiert.

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8 Kommentare

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  • Wie anderswo in Andeutungen zu lesen, war es wohl ein Suizid, der größtmögliche Aufmerksamkeit erregen sollte und wohl aus Unzufriedenheit auch politischer Art gespeist wurde. Terror oder andere schädigen waren nach den zurückgelassenen Nachrichten wohl nicht beabsichtigt.

  • Auto, das moribunde Symbol, ob mit oder ohne Elektro. Immer noch leicht zu beschaffen.



    Der Familie und allen, die es mitbekamen, alles Gute auch bei einem solch erschütternden Ereignis.

  • Hier haben wir es (im Gegensatz zu Magdeburg) nun wirklich mal mit einem "unerklärlichen" Terroristen zu tun, dessen Motive in ihm selbst und *nur* dort verortet sind: Ein "Zeichen" wollte er setzen gegen den "schwachen Staat". Man kann es drehen und wenden, wie man will - ein Musk-Auto vor einem Trump-Hotel abzufackeln, ist einfach nicht folgerichtig. Während der Anschlag von Magdeburg - ein "Bestrafen" der "unbotmäßigen Deutschen" für ihren "unzureichenden" Hass auf Muslime - exakt derselben perversen Argumentationslinie folgt, wie die Anschläge von Breivik.

    Eine entscheidende Rolle scheint hier wohl der "Ehrenkodex" unter US-Spezialeinheiten gespielt zu haben, auch bei schweren Traumata keinerlei professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

    Kurz gesagt also wieder mal ein Anschlag aus toxischer Männlichkeit. Zum Glück gab es keine weiteren Toten.

    • @Ajuga:

      Als Elitesoldat mit jahrelanger Kampferfahrung war dem Mann sicherlich bewusst, dass er mittels eines Kanisters Benzin und Feuerwerkskörpern, die er innerhalb eines Autos entzündet, nur eine Verpuffung ohne besondere Sprengkraft auslöst. Das Auto parkte er auch mehrere Meter von Eingang entfernt, obwohl er mit dem tonnenschweren Ding auch problemlos durch den Eingang in die Hotellobby hätte brettern können. Zum Zeitpunkt der Tat war auch kein Passant in der unmittelbaren Nähe.



      Ich für meinen Teil sehe hier daher weder eine ernsthafte Absicht Menschen zu töten noch die Absicht Trumps Hotel abzufackeln. Daher handelt sich wohl eher um einen spektakulären Selbstmord als um Terrorismus.

      • @Juleischka :

        Genau so sieht's aus.

        Offenbar lag die Wahl des Fahrzeugs und des Orts an irgendeiner schrägen Überlegung, einen "letzten Verzweifelungsappell" an sein Idol Trump (und Musk) zu richten. So ähnlich wie Oskar Brüsewitz, wobei der erheblich luzider war und auch mehr erreichte.

  • Möglicherweise ist hier auch eine Analogie zu Amoklauf und historischen Beispielen zu erkennen, die die Gedankenwelt des Täters beeinflusst haben.



    Wiss. Beispiel:



    "Heiko Christians hat sich intensiv mit dem Thema Amok auseinandergesetzt. 2008 erschien sein Buch „Amok. Geschichte einer Ausbreitung“.



    Christians nähert sich dem Thema historisch, recherchiert, wie mit dem Phänomen umgegangen wurde, bevor es in aller Munde war. Immer geht es dabei immer um Medien. Denn sie sind, so die These der Professur für Medienkulturgeschichte, unweigerlich an Geschichte gekoppelt. „Wenn wir als kulturelle Wesen agieren, so agieren wir immer auch medial“, erklärt Christians. „Geschichtsbewusstsein gibt es natürlich erst, seitdem etwas aufgeschrieben wird. Wir können Vergangenheit nicht länger ins Gedächtnis rufen, als unsere Erinnerung ohne Hilfsmittel reicht. Erst in dem Augenblick, wo wir anfangen, Felsstelen, Palmblätter, Tierhäute oder Papyrus zu beschreiben, schaffen wir auch Geschichte. Kulturgeschichte ohne Mediengeschichte ist schon aus diesem Blickwinkel Unfug.“



    www.uni-potsdam.de...ma-eine-geschichte

    • @Martin Rees:

      Danke, ich werd mal reinschauen!

    • @Martin Rees:

      Danke für diesen gehaltvollen Kommentar! Sowas ist selten geworden in Zeiten von bezahlen Troll-Armeen oder stumpfen Agitatoren.