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Die WahrheitMutterherz in Hipsterland

Mit Jens Spahn ist erstmals ein CDU-Politiker Protagonist eines packenden New-Adult-Romans – hier Folge zwei.

Platz frei fürs Spahn'sche Mutterherz Foto: Amélie Losier

Was bisher geschah … Jens Spahns Weihnachtsbesuch im heimischen Münsterland hatte fast zu einem Mutter-Sohn-Zerwürfnis geführt (siehe Wahrheit vom 4. Januar). Dankbar, dass es dann doch nicht zum Äußersten kam, lädt Jens seine Mutti zu dem schon lange versprochenen Mutterbesuch nach Berlin ein. Ein ganzes Wochenende wollen sich Spahn und Ehemann Daniel für sie Zeit nehmen …

Das Ankunft-Terminal des Willy-Brandt-Airports war an diesem Freitagvormittag von einem leisen Summen erfüllt. Eine harte Januarsonne fiel durch die Fensterfronten und warf ein scharfes Muster in den Wartebereich, wo Jens Spahn unruhig die Ankunftszeit der EasyJet-Maschine aus Münster checkte.

Der ehemalige Gesundheitsminister atmete tief durch. „Was ist los? Du bist ja aufgeregter als bei der letzten Bundestagswahl“, lachte Ehemann Daniel. Jens stöhnte. „Du kennst doch Mutti. Wenn wir die Wohnung nicht in Schuss haben, wird sie uns das die ganze Zeit über unter die Nase reiben.“

Bevor Daniel antworten konnte, drang ein helles „Jens, mein Junge!“ durch das Rauschen des BER-Terminals. Da kam sie durch die Schleuse gewackelt, mit der bläulich schimmernden Frisur, im farblich abgestimmten Blazer und ihrem Rollköfferchen. Keine Frage: Ulla Spahn war bereit, Berlin zu erobern.

Kaum in der Wohnung dann, führte Jens seine Mutter durch sämtlich alle Räume. Und genauso, wie er es Daniel prophezeit hatte, inspizierte sie jeden, aber auch jeden Winkel, strich über die Möbel und prüfte sämtliche Fensterbänke. Für Jens war es eine einzige Qual, doch zu seiner Überraschung gab es keinen Rüffel. „Es ist alles blitzblank. Ich bin beeindruckt“, sagte sie und Jens spürte, wie sich ein klebriger Klumpen von seinem Herzen löste.

Ein mehr als rascher Handwisch

Fast jedenfalls. Denn dann entdeckte sie doch noch die Stoppeln, die Daniel nach dem Barttrimmen im Waschbecken vergessen hatte. Mit einem mehr als raschen Handwisch beseitigte Jens das Malheur, nicht ohne Daniel einen Blick zuzuwerfen, der eine Mischung aus Tadel und Verzweiflung war. Daniel hob entschuldigend die Schultern, während Ulla kopfschüttelnd murmelte: „Männer und Badezimmer … eine unendliche Geschichte.“

Nachdem die Wohnung „abgenommen“ war, schlug Jens vor, in jenes kleine Szenecafé zu gehen, das Daniel und er schon immer mal beehren wollten. Dort könnten sie sich bei Kaffee und Gebäck entspannen, bevor sie in das minutiös vorbereitete Mutterbesuchsprogramm starteten. „Oh, das klingt herrlich. Ich bin gespannt, was für Kuchen sie in der Hauptstadt haben“, sagte Ulla.

Das „HipStar“ war urig, gemütlich und echt berlinerisch eingerichtet. Ein wenig Industrial Chic, gemischt mit alten Flohmarktmöbeln und jenem Geruch nach Bohnerwachs und verdorbener Hafermilch, wie er so typisch war für die „angesagte“ Gastronomie. Sie setzten sich an den kleinen Ecktisch.

Kurz darauf kam die Kellnerin. „What can I get you?“, fragte sie – wohl mit einem Lächeln, das man allerdings nicht sah. Denn die Frau trug, ein bisschen überraschend vielleicht, und das selbst für Berlin, aber auch nicht gerade ungewöhnlich – Burka.

Bevor Jens oder Daniel überhaupt etwas sagen konnten, übernahm Ulla das Wort: „I’d like a cup of coffee, please.“ Jens’ Augen weiteten sich. Wann hatte Mutti ihr Englisch derart aufpoliert? Die Kellnerin indes schien unbeeindruckt. Routiniert fragte sie: „Would you like a cappuccino, a latte or an americano?“ Ulla runzelte die Stirn. „No, no, I want a filter coffee“, und unterstrich ihren Wunsch, indem sie mit erhobener Stimme ausrief: „Filter coffee! So much better than all this fancy stuff people drink nowadays.“ Ihr Sohn wollte vor Scham fast im Boden versinken.

Die Frau in der Burka ließ ein kehliges Lachen hören. „Of course, ma’am. Und was kriegt ihr, Jungs?“, fragte sie in akzentfreiem Deutsch. Daniel, der die Situation insgeheim genoss, bestellte einen Cappuccino, Jens kleinlaut einen Espresso.

Während die Kellnerin die Bestellungen aufnahm, betrachtete Jens das schräge Ensemble: Seine Mutter, strahlend inmitten dieses hippen Cafés und mit dieser wildfremden Frau parlierend, als handele sich um eine beste Freundin. Aber okay, Berlin hatte nun mal diese Gabe, Gegensätze in einer unperfekten Harmonie zu vereinen. Er würde vorerst die Ruhe bewahren.

Aber was dann passierte, ließ seine Gesichtszüge doch komplett entgleiten. Hatte das seine Mutti die Kellnerin eben wirklich gefragt? Hatte sie sie gefragt, was sie wohl unter der Burka trüge? Ja, wie verrückt sollte dieses Wochenende denn noch werden?

(Fortsetzung folgt)

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1 Kommentar

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  • Mit Jens Spahn ist erstmals ein CDU-Politiker Protagonist eines packenden New-Adult-Romans – hier Folge zwei.



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    Ich hoffe, ja WÜNSCHE mir, das diese Serie so viele Folgen hat wie die "Lindenstraße"!



    Köstlich FRITZ! Weitermachen so lange wir das noch dürfen!



    Grossen Grinsegruss Sikasuu



    Ps. Das o.a. war ein "Befäääähhhhl!!!" (c) unbekannt :-)