: Was heißt hier Haram?
Muslimfeindlichkeit in Deutschland nimmt zu, doch auch religiöse Fundamentalisten versuchen den Islam zu vereinnahmen. Ein kritischer Blick auf die Religion schon in der Schule könnte helfen. So wie im Islamunterricht am Gymnasium Eschweiler
Aus Eschweiler Celine Schäfer (Text) und Heike Lachmann (Fotos)
Die Jugendlichen sind noch ein wenig müde, als Marwen Ben Guirat sie an diesem Dienstagmorgen begrüßt. In Sweatshirt, Jeans und Sneakern sitzen die Neuntklässler an ihren Tischen, ein paar Mädchen tragen einen Hidschab. Eines von ihnen teilt ein Arbeitsblatt aus. „Die Opferung des Sohnes im Vergleich zwischen Bibel und Koran“, steht darauf. Guirat hat jeweils einen Auszug aus der Bibel und einen aus dem Koran ausgedruckt. Außerdem eine Tabelle, in der die Schüler:innen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Texte eintragen sollen. Die Klasse beginnt, konzentriert zu lesen, manche kritzeln etwas auf ihr Blatt oder machen sich Notizen auf dem Tablet.
Guirat ist Lehrer am Gymnasium in Eschweiler, einer Kleinstadt am Nordrand der Eifel. Seit Herbst 2023 unterrichtet Guirat hier Französisch – und islamische Religionslehre. Davor hat an der Universität zu Köln „Sprachen und Kulturen der islamischen Welt“ studiert. Gerade absolviert er eine berufsbegleitenden Ausbildung, die ihn nach zwei Jahren für den Schuldienst qualifiziert.
Rund 150 Kinder und Jugendliche der fünften bis zehnten Jahrgangsstufe besuchen Guirats Islamunterricht in Eschweiler. Dabei hat Guirat denselben Auftrag wie Lehrkräfte, die in Nordrhein-Westfalen evangelische oder katholische Religion unterrichten: Die Schüler und Schülerinnen sollen „eine eigene Wertehaltung entwickeln, sie kritisch überprüfen und Brücken des Respekts, des Verständnisses und Miteinanders aufbauen“. So schreibt es das Schulministerium Nordrhein-Westfalen vor, dem der Religionsunterricht in Eschweiler unterliegt. Dass Guirat selbst Muslim ist, spielt in seinem Unterricht also nur insofern eine Rolle, als dass er sich mit dem Islam schon sein Leben lang beschäftigt – durch sein Studium auch wissenschaftlich. Er verfolgt einen kritisch-historischen Denkansatz.
Da Bildung im deutschen Föderalismus Ländersache ist, variiert die Gestaltung der Unterrichtsinhalte je nach Bundesland. In manchen Ländern sind muslimische Gemeinden beteiligt, wie in Nordrhein-Westfalen, wo mit rund 36.000 Schüler:innen der Islamunterricht den höchsten Zulauf hat. In manchen Ländern ist der Unterricht rein staatlich geregelt. Und wieder andere Länder bieten überhaupt keinen islamischen Religionsunterricht an.
Für Guirat, heute in schwarzem Sweatshirt und blauer Jeans, ist es manchmal nicht leicht, die Ansprüche der Politik umzusetzen. Er selbst steht zwar hinter den Forderungen des nordrhein-westfälischen Schulministeriums: „Es ist wichtig, auch die eigene Religion kritisch zu hinterfragen“, sagt er. Ihm fällt allerdings immer wieder auf, dass es für viele seiner Schüler:innen etwas Neues ist, den Islam auch mal aus der Vogelperspektive zu betrachten; darüber nachzudenken, zu diskutieren, welche Sure – ein Textabschnitt im Koran – wie gelesen werden könnte; ihre eigene Religion mit anderen Religionen zu vergleichen.
Genau das sollen die Neuntklässler:innen nun tun. „Was habt ihr herausgefunden? Was unterscheidet die Texte, was haben sie gemeinsam?“, fragt Guirat. Ein Mädchen zeigt auf. „Beides ist eine Prüfung“, sagt sie, als Guirat sie drannimmt. „In beiden Texten wird am Ende nicht der Sohn geopfert“, sagt ein Junge. Und was für Unterschiede gibt es? „In der Bibel gibt es Engel, im Koran nicht“, sagt jemand. „Der Ausschnitt aus der Bibel ist viel länger“, bemerkt ein anderer. „Woran könnte das liegen?“, fragt Guirat. Niemand kommt auf die Antwort. Ein Schüler überlegt, ob im Koran einfach etwas vergessen wurde. Nicht ganz, erklärt Guirat. „Der Grund dafür ist, dass die Bibel älter ist als der Koran.“ Deshalb hätten die Verfasser des Korans mehr Vorwissen vorausgesetzt.
Es war die Idee von Schulleiter Winfried Grunewald, am Gymnasium Eschweiler Islamunterricht anzubieten. Gesetzlich dazu verpflichtet ist er nicht – an vielen deutschen Schulen besuchen Muslime und Musliminnen Kurse wie Philosophie oder Ethik, weil sonst nur evangelischer oder katholischer Religionsunterricht angeboten wird. „Als in den vergangenen Jahren immer mehr muslimische Kinder und Jugendliche an unser Gymnasium kamen, wollte ich, dass auch sie Religionsunterricht besuchen können“, erinnert sich Grunewald in seinem großen Direktorenzimmer. Ein Drittel seiner Schüler:innen sind Muslim:innen, schätzt er. Im Jahr 2023 machte er sich deshalb auf die Suche nach einem geeigneten Lehrer. Und fand Guirat, der seitdem von Montag bis Freitag morgens rund eine Stunde von seiner Heimatstadt Köln nach Eschweiler pendelt – und nachmittags wieder zurück.
Eschweiler ist eine beschauliche Stadt, weniger als 60.000 Menschen leben hier. Die Stadt gilt als Karnevalshochburg, es gibt eine Niederlassung der Bundespolizei und das größte Krankenhaus der Region. Und Eschweiler liegt in der Nähe des Rheinischen Braunkohlereviers, einem der größten Braunkohleabbaugebiete Europas. Unter anderem deshalb kamen im vergangenen Jahrhundert viele Arbeitsmigrant:innen, sogenannte Gastarbeiter:innen, nach Eschweiler – und blieben. Rund 16 Prozent aller Menschen dort haben eine Zuwanderungsgeschichte. „Aus meiner Sicht ist es wichtig, sich mit Religion kritisch auseinanderzusetzen, auch mit der eigenen“, sagt Schulleiter Grunewald. „Das ist die Grundlage für einen friedfertigen Austausch zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften, die für manche junge Menschen ja identitätsstiftend sind.“
Der Islam wird in Deutschland so hitzig diskutiert wie wohl noch nie. Die AfD, laut Umfragen bundesweit aktuell zweitstärkste Partei, schreibt in ihrem Grundsatzprogramm: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Immer wieder schüren AfD-Vertreter:innen Angst vor vermeintlichen Parallelgesellschaften, einer Islamisierung und der Scharia, die sich etablieren könnte, wenn zu viele Muslime und Musliminnen in Deutschland lebten. Und auch abseits des ganz rechten Randes etablieren sich seit Längerem antimuslimische Narrative. So nannte etwa Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, arabischstämmige Jugendliche im Januar 2023 „kleine Paschas“.
Der islamische Religionsunterricht ist ein Brennglas für eine Grundsatzdebatte, die im Bundestag seit Jahren geführt wird: Welche Glaubenspraktiken werden geschätzt, welche nur geduldet, welche gar verboten? Aber er ist auch ein bildungspolitisches Instrument: Wie können Eltern, Pädagog:innen und Freund:innen junge Muslime und Musliminnen vor islamfeindlichem Hass schützen – und wie vor religiös-fundamentalistischen Influencer:innen?
Deutschlandweit
Der islamische Religionsunterricht unterliegt in Deutschland, wie alle Fragen der Schulbildung, der Gesetzgebung der Länder. Im vergangenen Jahr haben rund 70.000 Schüler:innen in Deutschland am islamischen Religionsunterricht teilgenommen. Mit 36.000 leben die meisten von ihnen in Nordrhein-Westfalen.
Lerninhalte
In einigen Bundesländern, darunter auch Nordrhein-Westfalen, gibt es staatlich anerkannten islamischen Religionsunterricht, der nach dem Modell des katholischen und evangelischen Religionsunterrichts angeboten wird.
Der Unterricht wird auf Deutsch gehalten, die Lehrpläne ebenso wie die Auswahl der Lehrpersonen werden in Zusammenarbeit mit muslimischen Verbänden erarbeitet. Die Schülerinnen und Schüler sollen Werte, Traditionen sowie die Geschichte des Islam kennen lernen, unter Berücksichtigung demokratischer und gesellschaftlicher Werte.
Andere Modelle
Bayern und Niedersachsen bieten stattdessen islamkundlichen Unterricht an. Dieser hat keinen konfessionellen Charakter und vermittelt eher ein allgemeines Wissen über den Islam. In Ostdeutschland gibt es wegen der geringen Zahl muslimischer Schüler:innen kaum islamischen Religionsunterricht. C. Schäfer
Kein Wunder, dass auch am Islamunterricht von allen Seiten gezerrt wird. In Nordrhein-Westfalen etwa, wo Guirat unterrichtet, will die FDP den Unterricht abschaffen. Die Oppositionspartei verweist auf eine Studie der Universität Münster, laut der unter angehenden Lehrkräften antisemitische oder extremistische Positionen verbreitet seien. Außerdem würden „erzkonservative Islamverbände“ zu viel Einfluss nehmen.
In Bundesländern, in denen islamische Religionsgemeinschaften den Unterricht mitprägen, wird dieses Argument immer wieder laut. Zum Beispiel in Hessen: Dort hatte die Landesregierung vor mehr als zehn Jahren versucht, sich von der Moscheengemeinde Ditib zu trennen – unter anderem, weil diese der türkischen Regierung nahesteht. Doch Ditib klagte sich vor dem hessischen Verwaltungsgericht zurück. Dann startete Hessen den Versuch, einen rein staatlich organisierten Islamunterricht einzuführen. Nun klagt Ditib erneut. Sie fürchtet, das Land würde ein Parallelangebot etablieren, „um den verfassungsgemäßen Religionsunterricht für Musliminnen und Muslime auszuhöhlen“.
Politiker:innen verschiedener Couleur argumentieren hingegen immer wieder, dass Islamunterricht Radikalisierung entgegenwirken könnte. Nach dem islamistischen Terroranschlag in Solingen sprach sich zum Beispiel die CDU-Abgeordnete Serap Güler für Islamunterricht aus. Der Islamunterricht an deutschen Schulen unter deutscher Schulaufsicht könne eine Hilfe sein, junge Menschen besser aufzuklären. „Nicht nur über die Religion, sondern auch, wenn es darum geht, den kruden Thesen, die im Netz verbreitet werden, etwas entgegenzuhalten“, so Güler. Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag und selbst Religionspädagogin sowie Islamwissenschaftlerin, sagte im Sommer: „Wenn wir über Islamismusbekämpfung sprechen, kann der Islamunterricht eine Facette sein, wenn es um Wissenstransfer geht.“
Winfried Grunewald erlebt an seinem Gymnasium immer wieder, wie schwierig es ist, beim Islamunterricht jedem gerecht zu werden. Schon einige Male musste er sich der Kritik derer stellen, für die er das Ganze eigentlich macht: der muslimischen Familien. Als er ihn im Herbst 2023 an seiner Schule einführte, hätten sich von den 180 muslimischen Schüler:innen ungefähr 20 schnell wieder vom Islamunterricht abgemeldet. Eltern hätten sich über die Unterrichtsinhalte beklagt. Was der Lehrer erkläre, stimme so nicht. „Es ging zum Beispiel darum, wie viele tägliche Pflichtgebete es gebe – fünf oder drei?“, sagt Grunewald. Er hat sich daraufhin selbst eingelesen und mit seinem Islamlehrer darüber gesprochen.
Wie oft Muslime am Tag beten, kann davon abhängen, welcher Strömung des Islam sie angehören: den Schiiten oder Sunniten. Die meisten Schüler:innen sind Sunniten, ihre Religionsgemeinschaft schreibt fünf Pflichtgebete vor, während bei Schiiten auch Gebete zusammengefasst werden können – daher womöglich das Missverständnis. Ernsthaftem Druck oder gar Anfeindungen sei Grunewald aber nicht ausgesetzt, weder seitens der Eltern noch der Gemeinden, denen die Familien angehören. Die Kinder würden einfach statt des Islamunterrichts wieder den Philosophieunterricht besuchen.
Amira besucht den Islamunterricht in Eschweiler
Dass die Schüler:innen heute Bibel- und Korantexte so gründlich analysieren und miteinander vergleichen, sei ein gewaltiger Fortschritt, sagt Grunewald. „Anfangs wollten einige muslimische Schüler und Schülerinnen keine Bibeltexte lesen“, sagt Grunewald. „Schließlich ist es im Islam verboten, die Bibel zu berühren.“ Deshalb auch die ausgedruckten Blätter statt einer echten Bibel.
Grunewald erzählt, er habe in vielen persönlichen Gesprächen muslimischen Eltern und Gemeindevertreter*innen erklärt, dass im Unterricht an seiner Schule ein historisch-kritischer Denkansatz im Vordergrund stehe. Und dass es keinesfalls darum gehe, die Kinder und Jugendlichen vom Glauben abzubringen. Die Beschwerden hätten danach abgenommen. „Entweder haben sich die Kinder nun damit abgefunden, dass es Unterschiede zwischen Schule und Moschee gibt“, sagt Grunewald. „Oder die Familien akzeptieren nun, dass der Ansatz, mit Religion umzugehen, ein anderer ist. Der die Kinder aber zu einem bewussteren oder reflektierteren Umgang mit Glauben und Religion führt.“
Die Neuntklässler:innen, die weiterhin Guirats Unterricht besuchen und heute die Bibel- und Koranstellen sezieren, scheinen jedenfalls engagiert bei der Sache. Da wären etwa die beiden Cousins Oualid und Adam. Ihre Familie ist religiös, auch sie gehen freitags in die Moschee, sagen sie. Manchmal würden sie auf dem Gymnasium die Dinge anders lernen als in der Koranschule. „Zum Beispiel das mit dem Alkohol“, sagt Hbiyel. „Herr Guirat hat mal gesagt, dass Muslime nur nicht betrunken sein dürfen, Alkohol generell aber nicht verboten ist.“ In der Gemeinde hätten sie anderes gehört. Das sei verwirrend gewesen. Den Unterricht bei Guirat finden sie trotzdem „kreativ“.
Nach dem Islamunterricht für die neunte Klasse läuft Lehrer Guirat ins Nebengebäude, zu den Siebtklässler:innen. Die Kinder sind ein wenig aufgekratzt an diesem Dienstagvormittag. „Pscht!“, macht Guirat, als zwei Mädchen in der letzten Reihe nicht aufhören zu tuscheln. Dann läutet er ein Glöckchen. Allmählich wird es leiser. Guirat zeigt den Kindern eine Karte mit dem Titel „Das byzantinische Reich um das Jahr 565“. Darauf zu sehen: Alexandria, Karthago, Kairo. Alle drei Städte spielen in der Geschichte des Islam eine wichtige Rolle. „Was interessiert euch denn besonders am byzantinischen Reich?“, fragt Guirat in die Klasse. Ein Junge meldet sich. „Wie die Leute gelebt haben und wie sie andere behandelt haben“, sagt er. Dann kommt die Frage auf, was während der islamischen Expansion eigentlich mit den Christ:innen war – durften sie bleiben? „Ich glaube, die mussten dann Geld zahlen“, sagt ein Junge. „Genau, eine Kopfsteuer“, sagt Guirat.
Die Kinder hier sind alle etwa 13 Jahre alt. Sie verfolgen keine politischen Debatten – aber womöglich ihre Mütter und Väter. Nur ein Bruchteil der Klasse lässt sich von der taz-Fotografin ablichten, beim Rest haben die Eltern nicht zugestimmt. Einige Kinder möchten auch nicht mit der Reporterin sprechen, sie laufen nach dem Unterricht direkt auf den Pausenhof.
Wissen die Schüler:innen, dass ihre Religion immer wieder kritisch, oft sogar feindlich beäugt wird? Laut aktuellen Studien ist antimuslimischer Rassismus in Deutschland gestiegen. So hat etwa die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit (CLAIM) für das Jahr 2023 insgesamt 1.926 antimuslimische Vorfälle dokumentiert – im Jahr 2022 gab es 898 solcher Vorfälle. Rund 90 Mal wurden laut CLAIM im vergangenen Jahr muslimisch-religiöse Orte wie Moscheen angegriffen. Das Bundesinnenministerium (BMI) beziffert den Anstieg antimuslimischer Straftaten 2024 im Vergleich zum Vorjahr auf 140 Prozent.
Amira will dennoch gern über ihre Religion und den Islamunterricht sprechen. Sie hat lange, dunkle Locken und trägt einen Pullover im Stil eines Football-Trikots. Glauben spielt in ihrer Familie eine wichtige Rolle, erzählt sie. Sie hat bereits einige Jahre lang eine Koranschule besucht und geht auch in die Moschee. „Hier im Schulunterricht erfahren wir viel über die Geschichte des Islam“, sagt sie. „Da lerne ich viel Neues.“
Amira ist glücklich, dass sie jetzt nicht mehr den Philosophieunterricht besuchen muss, fühlt sich weniger ausgeschlossen. Mit ihren nicht-muslimischen Mitschüler:innen spreche sie allerdings nur selten über das, was sie bei Herrn Guirat über den Islam lernt. Im katholischen und evangelischen Religionsunterricht lernen die Schüler:innen zwar auch etwas über den Islam – aber natürlich nur am Rande.„Die interessieren sich nicht so dafür“, sagt Amira. Ihre Mitschüler:innen, die sich aufgeregt um sie herum gesellt haben, stimmen zu.
Guirat projiziert im Unterricht für die siebte Klasse heute auch ein Bild an die Wand, auf dem Männer zu sehen sind, die Ney spielen, eine arabische Flöte. „Aber Musik ist doch Haram“, ruft plötzlich ein Mädchen. Das arabische Wort Haram bedeutet „im Islam verboten“. Guirat wirkt überrumpelt. „Aha, gut zu wissen“, sagt er dann ironisch. Und fährt mit dem Unterricht fort. Inwiefern Musik im Islam verboten wird, diskutieren islamische Gelehrte seit Langem. Es gibt Suren, die von manchen so interpretiert werden, dass Musik als etwas Aufreizendes gelten könnte. Auch Aussagen des Religionsstifters, des Propheten Mohammed, werden von Strenggläubigen als Kritik an Musik gelesen. Ein eindeutiges Verbot gibt es nach Ansicht von Islamwissenschaftler:innen nicht.
„Wenn eine Schülerin so was sagt, kann es sein, dass sie einfach nur jemandem nachplappert“, sagt Guirat nach der Unterrichtsstunde. Er glaubt nicht, dass das Mädchen tatsächlich aus religiösen Gründen keine Musik hört. „Womöglich hat sie das irgendwo aufgeschnappt, vielleicht bei Tiktok“, glaubt Guirat. Er will die Sache mit der sündhaften Musik zu späterem Zeitpunkt noch mal mit dem Mädchen besprechen. Vielleicht, glaubt Guirat, wäre das ein gutes Thema für den Unterricht.
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