Meduza-Auswahl 3. – 9. Oktober: Aus dem Gefängnis direkt an die Front

Russlands Armee will ihre Lücken an der Front schließen. Mit einem neuen Gesetz können Kriminelle jederzeit Vertragssoldaten werden. Texte aus dem Exil.

3 uniformierte Männer in weißen Handschuhen und Uniformen stehen neben einem Trauerportrait

Abschiedszeremonie für den getöteten Journalisten Nikita Zizagi Foto: Sergei Savostyanov /imago

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 3. bis zum 9. Oktober 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Ein neues Gesetz für Russlands Straftäter

Ein neues russisches Gesetz ermöglicht es Straftätern, jederzeit der Armee beizutreten. Am 3. Oktober unterschrieb der russische Präsident Wladimir Putin zwei neue Gesetze: Schon bevor in einem Strafverfahren ein Urteil fällt, können die Angeklagten Verträge mit dem russischen Verteidigungsministerium abschließen – und in die Ukraine in den Krieg ziehen.

Journalisten der unabhängigen russischen Zeitschrift Cherta sprachen mit Rechtsexperten über die Auswirkungen dieser Änderungen – und was sie für die Opfer in Strafverfahren bedeuten. Meduza fasst den Bericht auf Englisch zusammen.

Mehrere Anwälte von Menschenrechtsorganisationen sehen hinter den verabschiedeten Gesetzen eine Strategie der russischen Behörden, um die Zahl der Armeeangehörigen zu erhöhen. Die Rechtsanwältin Maria Davtyan, Leiterin des Zentrums für die Verteidigung von Opfern häuslicher Gewalt, bezeichnete die Änderungen als „einen vollständigen Zusammenbruch aller rechtlichen und strafrechtlichen Mechanismen“.

Journalist in der besetzten Ukraine getötet

Der Journalist Nikita Zizagi (29) wurde in New Jersey geboren, wuchs in Moskau auf und starb bei einem Drohnenangriff in der Nähe der südwestukrainischen Stadt Wuhledar in der Region Donezk. Zizagi berichtete über den Kriegsverlauf, befand sich in einem Kloster unweit der Frontlinie.

Zizagi war zumindest im Westen nur wenigen bekannt. Doch nach seinem Tod zeigt sich noch mal deutlich, in welch schwieriger Beziehung Krieg und Journalismus zueinander stehen: Sowohl viele unabhängige russische Journalisten als auch viele kremlnahe „Kriegsberichterstatter“ betrachteten Zizagi als „einen von ihnen“. Er nahm an Antikriegsprotesten teil und kritisierte die russischen Behörden – gleichzeitig arbeitete er für russische Staatsmedien und leistete Hilfe für russische Soldaten. Meduza veröffentlicht eine gekürzte englischsprachige Fassung des Berichts des unabhängigen russischen Mediums Holod.

Rekordausgaben für Russlands Militär im Jahr 2025

Russlands föderaler Haushalt 2025 sieht Rekordausgaben für das Militär und „streng geheime“ Themen vor – und Steuererhöhungen für normale Bürger. Anfang Oktober hat die russische Regierung der Staatsduma ihren Entwurf für den föderalen Haushalt 2025 bis 2027 vorgelegt – ein 7.000 Seiten-Dokument, in dem die voraussichtlichen Einnahmen und geplanten Ausgaben dargelegt sind. Die Zahlen übertreffen frühere Vorhersagen: Allein für das nächste Jahr sind erstmals 41,5 Billionen Rubel (390,7 Milliarden Dollar) verplant. Meduza analysiert die Zahlen in diesem Beitrag.

Darüber hinaus wurde ein Rekordanteil des Haushalts als „geheim“ oder „streng geheim“ eingestuft. Circa ein Drittel der Ausgaben bleibt vor der Öffentlichkeit verborgen. Das russische Exilmedium zeigt auf, wie viel Russland für den Krieg gegen die Ukraine sowie den „Wiederaufbau“ der besetzten Gebiete ausgeben will, wie viel die Steuerreform in die Kassen des Kremls spülen wird – und wie viel der Unterhalt der Putin-Regierung samt ihrer Propagandamaschine kostet.

Pferde, Hyundais und kopflose Gummiziegen

Mehr als 2.500 Teilnehmer aus 89 Ländern traten in Astana, Kasachstan, bei den Weltnomadenspielen an. Die Disziplinen waren unter anderem Pferderennen, Bogenschießen und Ringen, Strongman-Wettbewerbe und Denkspiele. Seit ihrem Debüt haben sich die Weltnomadenspiele zum größten internationalen ethnischen Sportwettbewerb entwickelt und sind auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco gelandet. Im Jahr 2014 starteten die ersten Weltnomadenspiele in Kirgistan als eine Olympiade, die auf den traditionellen Sportarten der historischen Nomadenvölker der eurasischen Steppe basiert. The Beet, eine der Rubriken von Meduza, berichtet von vor Ort (englischer Text).

Für die Turkvölker wird der traditionelle Sport Teil einer blühenden gemeinsamen Identität, die als Gegengewicht zum russischen Einfluss in der Region dienen soll. Vor allem in den zentralasiatischen Ländern trägt diese stärkere Zugehörigkeit dazu bei, die Überbleibsel der sowjetischen Vergangenheit zu überwinden. Seit 2014 fanden die Spiele viermal statt: dreimal an den bergigen Ufern des Issyk-Kul-Sees in Kirgistan und einmal in der antiken Stadt İznik in der Westtürkei.

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