Bootsunglück in Kongo: Mindestens 78 Tote auf Kivu-See

In der DR Kongo ist ein überfülltes Fährschiff gesunken, inoffiziell ist von hunderten Toten die Rede. Ähnliche Dramen ereignen sich dort häufiger.

Menschen versammeln sich im Hafen von Goma

Menschen versammeln sich im Hafen von Goma Foto: Moses Sawasawa/AP/dpa

Berlin taz | Offiziell waren am Donnerstag Abend zunächst 23 Tote bestätigt, Rettungskräfte zählten bis Freitag morgen 78 und inoffiziell ist von mehreren hundert die Rede: Ein vollbesetztes Fährschiff ist am Donnerstag auf dem Kivu-See im Osten der Demokratischen Republik Kongo gesunken.

Nur 600 Meter von der Einfahrt in den Hafen der Provinzhauptstadt Goma entfernt kippte die MV Merdi mittags in stürmischen Gewässern auf die Seite und sank nach wenigen Sekunden, wie aus Videoaufnahmen hervorgeht – Filmende im Hafen wollten offenbar einfach das Einlaufen des großen Schiffes festhalten und wurden dann ungewollt Zeugen einer Katastrophe.

Das Schiff war aus der Kleinstadt Minova am Westufer des Kivu-Sees nach Goma unterwegs und augenscheinlich überfüllt, wie die meisten Fähren auf dem Kivu-See. Da das Schiff in Sichtweite unzähliger Menschen unterging, waren Rettungskräfte sofort zur Stelle. Auch die Eingreiftruppe SAMI aus Südafrika sowie die Küstenwache des nahen Ruanda halfen bei der Bergung von Opfern. Zunächst wurden 58 Überlebende aus dem Wasser gezogen.

Genaue Passagierzahl ist unklar

Da es keine Gewissheit darüber gibt, wieviele Menschen sich auf dem Schiff befanden, ist aus der Anzahl der geborgenen Toten und Lebenden kein Rückschluss auf die Gesamtzahl der Opfer möglich. Die offizielle Passagierzahl von 278 Menschen ist nach Angaben von Überlebenden untertrieben, manche sprechen von bis zu 700 Reisenden.

Auch bei der niedrigeren Zahl wäre dies das schwerste Bootsunglück in der Geschichte des Kivu-Sees. Der See, durch den die Grenze zwischen der DR Kongo und Ruanda verläuft, bildet die einfachste Verkehrsverbindung zwischen den beiden Provinzhauptstädten Goma und Bukavu mit jeweils über einer Million Einwohnern und auch mehreren anderen Orten am Seeufer.

Minova ist eigentlich von Goma nur zwei Autostunden entfernt, aber durch den Krieg zwischen Kongos Armee und der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) ist der Landweg entlang des Sees seit rund einem Jahr nicht mehr frei passierbar.

Ähnliche Dramen gibt es in der riesigen Demokratischen Republik Kongo – die in weiten Teilen durch die Wasserwege des Kongo-Flusses und seiner Zuflüsse zusammengehalten wird – immer wieder, vor allem in den Regenwaldgebieten im Westen des Landes. In der Nacht zum 19. August sank eine vollbesetzte Fähre in der westkongolesischen Provinz Mai-Ndombe; von 200 Passagieren konnten nur 40 gerettet werden.

Viele Unfälle im gesamten Land

Eine Woche zuvor waren zwei vollbesetzte Boote auf dem Kongo-Fluss östlich der Hauptstadt Kinshasa zusammengestoßen und gesunken, Dutzende Menschen starben. Meist führt die Kombination von Überladung und hohem Wellengang durch Stürme oder schlechtes Wetter zu solchen Unglücken.

Zufällig wurde just am Donnerstag eine parlamentarische Anfrage zum Thema im kongolesischen Senat in Kinshasa eingereicht. „Unfälle häufen sich im gesamten Land, ob auf der Straße oder auf den Wasserwegen“, erklärte Senator Anicet Babanga aus der Provinz Mai-Ndombe. „Wir wollen wissen, warum, und was die Regierung oder das zuständige Ministerium tut, um diesen Unfällen ein Ende zu setzen“.

Konkret verlangt er von Verkehrsminister Jean-Pierre Bemba Auskunft über den Verbleib von Haushaltsmitteln in Höhe von 8 Millionen US-Dollar zur Rehabilitierung mehrerer lokaler Kleinflughäfen – Flugverkehr ist in weiten Landesteilen die einzige Alternative zum Wassertransport. Bemba, der sein Amt erst im Juni übernahm, wird dazu wenig sagen können, aber die Havarie im Kivu-See dürfte dem Thema zusätzliche Dringlichkeit verleihen.

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