Rechte Regierung in den Niederlanden: „Strengste Asylpolitik“ nimmt Form an

Das Programm der neuen Regierung setzt auf Zuwanderungsbeschränkung. Mit Notstands-Maßnahmen verspricht man einen schnellen Effekt – am Parlament vorbei.

Die niederländische Ministerin für Asyl und Migration blickt über ihren Brillenrand

Marjolein Faber, niederländische Ministerin für Asyl und Migration Foto: Jeroen Jumelet/epa

Berlin taz | Die im Juli vereidigte Rechts-Koalition der Niederlande hat am Freitag ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Kurz vor der Eröffnung des parlamentarischen Jahrs präsentierten die rechtspopulistische Partij voor de Vrijheid (PVV), die liberal-rechte Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD), der konservative Nieuw Sociaal Contract (NSC) sowie die agrar-orientierte BoerBurgerBeweging (BBB) das mit Spannung erwartetet Dokument.

Der parteilose Premierminister Dick Schoof will damit „Vertrauen zurückgewinnen“. Auf X kommentierte er am Nachmittag, man werde „dafür sorgen, dass die Menschen sich gehört fühlen und ihre Probleme tatkräftig angegangen werden“.

Seit den monatelangen Koalitionsgesprächen ist unbestritten, dass die Themen Zuwanderung und Asyl im Mittelpunkt der Regierungs-Agenda stehen, die stark vom Programm der PVV und ihrem Parteichef Geert Wilders geprägt ist. Sie waren zudem der Haupt-Grund für den unerwartet deutlichen Wahlsieg der Rechts­po­pu­lis­t*in­nen im November 2023.

In einem Grundlagen-Papier kündigte man die „strengste Asylpolitik Europas“ an. Ihr Kern ist die Ausrufung einer sogenannten „Asylkrise“, um die Zahl eingereichter Asylanträge stark zu senken

In einem Grundlagen-Papier, das die Koalition im Mai präsentierte, kündigte man die „strengste Asylpolitik Europas“ an. Ihr Kern ist die Ausrufung einer sogenannten „Asylkrise“, um die Zahl eingereichter Asylanträge stark zu senken.

Fokus auf Rückkehr ins Heimatland

In den nun präsentierten Plänen steht die starke Beschränkung des Familiennachzugs zentral- ein Thema, über das im Sommer 2023 schon die Vorgänger-Regierung gefallen war. Anspruch darauf hat nur noch eine möglichst eng definierte „Kernfamilie“, zu der etwa volljährige Kinder nicht mehr gehören.

Zudem ist ein Nachzug an die Kriterien einer festen Wohnung, ausreichenden Einkommens und einer seit mindestens zwei Jahren geltenden Aufenthaltsgenehmigung gekoppelt. Letztere soll künftig nach fünf Jahren nicht länger in ein permanentes Bleiberecht übergehen. Der Fokus liegt damit auf einer Rückkehr ins Herkunftsland, sobald dieses als sicher erachtet wird.

Die Maßnahme schließt sich an die bereits Anfang September angekündigte Streichung von Minimum-Leistungen für abgelehnten Asyl­be­wer­be­r*in­nen an. Marjolein Faber, die PVV-Ministerin für Asyl und Migration, sorgte damit international für Schlagzeilen. Zumal im aufgebrachten Post-Solingen-Diskurs Deutschlands stieß sie damit auf wohlwollendes Interesse.

Diese Tatsache wiederum kommt der Ministerin für ein anderes Vorhaben entgegen: sie will sich in Europa mit gleichgesinnten Regierungen zusammentun um auch in Brüssel für eine weitere Verschärfung der Migrationspolitik einzutreten.

Starke Kritik aus dem Parlament

Druck auf die EU will die niederländische Regierung von zwei Seiten ausüben. Zugleich nämlich wird Faber schnellstmöglich bei der EU-Kommission eine „opt-out genannte Ausnahmeregelung beantragen, um aus der gemeinsamen Asylpolitik auszuscheren. Das ist freilich keinesfalls so leicht zu bewerkstelligen, wie es die PVV ihren Wäh­le­r*in­nen in Aussicht stellt. Zumal im aktuellen Diskurs zahlreicher Mitgliedsstaaten kann es freilich eine Dynamik in Richtung weiterer Verschärfung in Gang setzen.

Ministerin Faber kommentierte die Pläne bereits im Vorfeld so: „Die Wäh­le­r*in­nen haben einen deutlichen Auftrag erteilt. Das Ruder muss umgelegt werden und der Zustrom direkt gesenkt. Wir ergreifen Maßnahmen, um die Niederlande für Asyl­be­wer­be­r*in­nen so unattraktiv zu machen wie möglich.“

Vorläufig findet dieser Prozess ohne die Abgeordneten von Parlament und Senat statt: indem die Regierung die „Asylkrise“ ausruft, will sie einen Teil des bisherigen Aus­län­de­r*in­nen­ge­setz außer Kraft setzen. Die angestrebten Maßnahmen brauchen dann zunächst keine Zustimmung der Volksverter*innen. Aus dem Parlament gab es zuletzt starke Kritik an diesem Vorhaben.

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