Mit dem Rad nach Baku: Waldbrände umfahren im Balkan
Ohne Fliegen geht es nicht? Unser Autor will im November an der COP29 in Baku teilnehmen – und fährt mit dem Rad.
E s ist Ende August, und im Balkan brütet eine Hitzewelle. 39 Grad im Schatten sind in den Tälern keine Seltenheit. Neben Bären, Minen und streunenden Hunden muss ich beim Zelten mittlerweile auch auf Waldbrände achten. Ein neues Feature auf Google Maps zeigt mir die Brände in der Region an.
Laut Karte bin ich umzingelt und tatsächlich: Am Horizont raucht es – an der kroatischen Küste und auch im Nationalpark Sutjeska in Bosnien, der die letzten Urwälder Europas beherbergt und eigentlich auf meiner Route liegt. Ich umfahre ihn. Das Zelten erscheint mir angesichts dieser Situation nicht verantwortlich.
Mein Weg führt mich stattdessen durch das Hochland von Bosnien. Zwei Tage lang in kompletter Einsamkeit. Nachts stürmt und gewittert es, und mein Zelt schwankt bedrohlich. Aber es hält durch, so wie alles bislang auf dieser Reise. Von den Bergen geht es 1.000 Höhenmeter ins Tal nach Mostar, eine faszinierende Stadt im Süden des Landes. Eine Stadt, aus der Minarette und Kirchtürme ragen und in der Muslime, katholische und orthodoxe Christen auf engem Raum zusammenleben.
So schön die Kulisse um den malerischen Fluss Neretva ist, so dunkel ist Mostars Vergangenheit: Vor 30 Jahren war die Stadt ein zentraler Schauplatz des Krieges. Hier lieferten sich kroatische und bosniakische Truppen heftige Kämpfe und zerstörten dabei einen Großteil der historischen Bausubstanz aus dem 16. Jahrhundert, darunter auch das Wahrzeichen der Stadt, die berühmte Stari most, die alte Brücke, die sich über den Fluss schwingt.
Auch wenn die Spannungen entlang ethnischer und religiöser Linien bis heute nicht ganz überwunden sind: Der Krieg hat 1995 zum Glück sein Ende gefunden. Stadt und Brücke wurden wiederaufgebaut. Heute ist Mostar ein beliebtes Urlaubsziel von Menschen aus aller Welt und die Stari most ein kraftvolles Symbol dafür, dass die Geschichte sich hin und wieder zum Guten wendet.
Wasser und Schatten sind zwei wichtige Begleiter
Nach drei Tagen verlasse ich Mostar in den frühen Morgenstunden. Ein Anstieg von 30 Kilometern auf 1.500 Höhenmeter erwartet mich. Im Balkan ist es selten flach, meist geht es hoch und runter. Die Anstiege sind schweißtreibend. Wasser und Schatten sind zwei wichtige Begleiter. Aber auch die Menschen entlang des Weges, die mich spontan auf ein Bier einladen, meine Wasserflasche auffüllen, mir Pflaumen schenken, einfach nur ein nettes Gespräch führen wollen oder mich aus dem Auto heraus hupend und gestikulierend anfeuern. Auf dem Rad sorgt das zwar erst mal für einen kurzen Schreck, aber die Botschaft kommt an.
Der erste Monat der Reise ist vorbei. Ich habe Bosnien hinter mir gelassen und die schwarzen Berge erreicht, Montenegro, das achte Land meiner Reise. Hier treffe ich auf Jan, einen anderen Radreisenden aus Bocholt, der bis nach Thailand fährt.
Zwei Tage fahren wir gemeinsam durch die schöne Bergwelt Montenegros, werden von Einheimischen zum Übernachten, Schnaps und Kaffee eingeladen und haben eine schöne Zeit. Das Fahrradfahren zu zweit ist eine neue Erfahrung für mich auf dieser ereignisreichen Reise, in der das Glück mich stets begleitete. Bislang hatte ich keinen Unfall, keinen Sturz und keinen Platten; ein gutes Omen für den nächsten Monat.
Jan fährt nun nach Serbien, für mich geht es in den nächsten Tagen in den Kosovo, ein Land mit ebenfalls bewegter Geschichte.
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