Management strategischer Konkurrenz

US-Sicherheitsberater Jake Sullivan besucht China. Dort soll er helfen, das schwierige bilaterale Verhältnis zu stabilisieren

Von Sven Hansen

Unterschiedliche Sichtweisen auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, den Taiwankonflikt und den Gebietsstreit im Südchinesischen Meer, dazu Handelskonflikte und Rivalität um globale Hegemonie: Die Streitthemen zwischen Washington und Peking sind zahlreich und allenfalls langfristig lösbar. Doch ist Austausch wichtig, um die Gefahr von Missverständnissen und Eskalationen zu verringern.

Seit Dienstag ist deshalb Jake Sullivan, der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, in China. Zwar ist es der erste Peking-Besuch eines US-Sicherheitsberaters seit acht Jahren, aber viele seiner chinesischen Gesprächspartner hat Sullivan in den letzten eineinhalb Jahren schon mehrfach woanders getroffen. Beide Seiten würden Themen von Übereinstimmung und Uneinigkeit besprechen, „die effektiv und substantiell gemanagt werden müssen“, sagte Sullivan. Bei den Gesprächen hinter verschlossenen Türen geht es um die Stabilisierung des angespannten bilateralen Verhältnisses. Durchbrüche erwartet keine Seite.

Peking möchte etwa nicht wie schon so oft in US-Wahlkämpfen der Buhmann werden, sondern das bilaterale Verhältnis auf eine stabilere Basis stellen, die über den US-Regierungswechsel hinaus Bestand hat. Das Verhältnis zu den USA sei „an einem kritischen Punkt“, wie das Außenministerium unmittelbar vor Sullivans Besuch erklärte, um dann Washington vorzuwerfen, China „einzuschränken und zu unterdrücken“.

Sullivans Hauptgesprächspartner Wang Yi, Chinas ranghöchster Außenpolitiker und zugleich Mitglied im mächtigen Politbüro der Kommunistischen Partei, erklärte Pekings Standardformel von gegenseitigem Respekt, friedlicher Koexistenz und vorteilhafter Zusammenarbeit für beide Seiten zum Schlüssel.

Sullivan strebt bei Streitthemen – wie etwa dem Status von Taiwan, der für China eine zentrale nationale Frage mit dem Ziel der „Wiedervereinigung“ in naher Zukunft ist – konkrete Schritte an. So wollte er erreichen, dass die zuständigen Militärkommandeure Chinas und der USA direkte Drähte zueinander bekommen, um schnell Missverständnisse vermeiden zu können. Laut Chinas Agentur Xinhua wurden jetzt Videokonferenzen der Befehlshaber vereinbart.

Mit ihrem Taiwan-Besuch im August 2022 hatte die damalige Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi das Verhältnis Washington-Peking schwer belastet. Monate später schossen die USA dann sogar noch einen mutmaßlichen Spionageballon Chinas ab.

US-Medien spekulieren, dass der bis Donnerstag dauernde Besuch auch der Vorbereitung eines Treffens des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden mit Chinas Machthaber Xi Jinping dienen könnte. Sie könnten sich im November am Rande der Gipfel des Apec-Wirtschaftsforums in Peru oder der G20 in Brasilien bilateral treffen. Derzeit berichtet Xinhua nur, über ein Treffen sei gesprochen worden.