piwik no script img

das wird„Die Buchläden suchen sich aus, wer liest“

In Hamburg, Bremen und Hannover knubbeln sich vorherbstliche Lesungen und Literaturnächte

Interview Benno Schirrmeister

taz: Herr Laloire, warum ballen­ sich Anfang September die ­Lesungstermine so?

Jens Laloire: Das ist so ungewöhnlich nicht: Es ist Ende der Sommerpause, der reguläre Veranstaltungsbetrieb nimmt Fahrt auf. Wobei es diese Woche schon sehr viel ist: Am Wochenende gibt es die „Bremen liest!“-­Literaturnacht in den Buchhandlungen, dann am Sonntag auf der Bühne in den Neustadtwallanlagen die Buchpremiere von Jutta Reichelt und jetzt am Mittwoch kommt Nora Bossong, das ist schon viel.

taz: Also haben Sie Lokaheldin Nora Bossong den Hamburgern für deren Buchpreis-Longlist-Abend abspenstig gemacht?

Laloire: Ganz sicher nicht. Die Lesung war lange geplant, auch auf Wunsch des Verlages, denn am Donnerstag liest sie ja in Hannover. Als wir das eingetütet hatten, wusste noch niemand, dass ihr „Reichskanzlerplatz“ auf der Longlist stehen würde.

taz: Und mit der Hamburger Langen Nacht der Literatur am Wochenende kommen Sie sich auch nicht ins Gehege?

Laloire: Das sind ja sehr unterschiedliche Konzepte. Eine Person hat mir in der Vergangenheit zwar wirklich schon mal rückgemeldet, dass sie gerne an beiden Veranstaltungen teilnehmen würde…

Jens Laloire46, seit 2019 Geschäftsführer des Bremer Literaturkontors.

taz: … das ist ja dieses Jahr auch problemlos möglich, weil es zwei unterschiedliche Nächte sind: Haben Sie sich miteinander abgesprochen?

Laloire: Nein. Darüber könnte man in Zukunft vielleicht nachdenken, auch wenn es vermutlich nur wenige Menschen gibt, die für die Literaturnacht von Hamburg nach Bremen fahren, oder umgekehrt. Es ist halt eine andere Ausrichtung, sodass wir auch kaum Gefahr laufen, uns gegenseitig Au­to­r*in­nen wegzuschnappen: In Hamburg lesen vor allem auswärtige Schriftsteller*innen…

taz: Und in Bremen geht‘s um Bücher, die eher eine regionale Ausstrahlung haben?

Laloire: Auch, aber natürlich nicht nur! Unser Schwerpunkt ist ganz klar, dass wir der Bremer Szene ein Podium bieten wollen. Die ursprüngliche Idee war, die hiesigen Buchhandlungen mit den lokalen Au­to­r*in­nen stärker zusammenzubringen. Denn wir haben hier einige starke, auch in ihren jeweiligen Quartieren sehr gut angebundene Buchläden – von denen viele aber bis vor wenigen Jahren oft wenig mit den Bremer Au­to­r*in­nen zu tun hatten. Wir haben die in gewisser Weise im Rahmen von Bremen liest! zusammengebracht. In den ersten Jahren über eine Ausschreibung, auf die sich bis zu 90 Au­to­r*in­nen beworben haben, aus denen die Buch­händ­le­r*in­nen dann ausgewählt haben. Mittlerweile – Bremen liest! findet ja bereits zum siebten Mal statt – sind so viele Kontakte entstanden, dass die meisten Läden nun von sich aus mit den Au­to­r*in­nen Lesungen vereinbaren.

taz: Wie wird Bremen liest! denn kuratiert?

Lesungen

Nora Bossong, „Reichskanzlerplatz“, Bremen, Theater am Goetheplatz, 4.9. und Hannover, 5.9., Literaturhaus, jeweils 19 Uhr.

Deutscher Buchpreis-Longlist-Abend, mit 12 von 20 Nominierten, Literaturhaus Hamburg, 17 Uhr.

7. Bremen liest!-Literaturnacht, 6.-8.9., ab 15 Uhr.

11. Lange Nacht der Literatur, Hamburg, 7.9., ab 12 Uhr.

Laloire: Die Buchläden suchen sich aus, wer bei ihnen liest. Wir koordinieren das zusammen mit dem Text- und Verlagskontor Wellenschlag und verteilen Honorare aus Projekt­mitteln.

taz: Sie haben zugleich mit „Bremen liest Heidelberg“ eine Lesung organisiert, die eine Ausnahme vom Konzept bedeutet. Wie kam‘s?

Laloire: Ja, da treten drei Heidelberger Au­to­r*in­nen auf, und das geht natürlich darauf zurück, dass Heidelberg, wie jetzt auch Bremen, eine „Unesco City of Literature“ ist. Das ist ja ein Netzwerk und diesen Gedanken wollen wir mit der Veranstaltung ausbauen. Eine Woche später fahren dann drei Bre­me­r*in­nen nach Heidelberg, um die Partnerschaft auch in dieser Richtung voranzutreiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen