Parteitag der US-Demokraten: Eine, die für alle da sein will

Mit einer Rede von Kamala Harris endet der Nominierungsparteitag der Demokraten. Sie warnt vor Trump und gibt sich siegesgewiss.

Kamala Harris während ihrer Rede beim Nominierungsparteitag der Demokraten in Chicago am Donnerstag Foto: Paul Sancya/ap/dpa

CHICAGO taz | Es war der Höhepunkt einer viertägigen Inszenierung, die minutiös durchgetaktet war. Zum Abschluss des Parteitags der Demokraten in Chicago sprach Kamala Harris und nahm offiziell die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin ihrer Partei an.

Als Staatsanwältin habe sie früher vor Gericht immer fünf Worte gesagt: „Kamala Harris for the people“ – auch als Präsidentin wolle sie eine Kämpferin für das Volk sein, versprach sie. Als erste Schwarze Frau indischer Abstammung hat Harris mit der Nominierung als Präsidentschaftskandidatin schon jetzt US-Geschichte geschrieben. Und auch wenn es dann doch keine Auftritte der Megastars Beyoncé oder ­Taylor Swift gab, hat der Parteitag gezeigt, dass das Hoch, in dem die Demokraten sich seit über einem Monat befinden, anhält.

Im United Center in Chicago wurde viel gejubelt, viel gelacht, und es gab Liebesbekenntnisse der Red­ne­r:innen für die eigenen Part­ne­r:in­nen und Kinder – aber auch für Joe Biden. Der amtierende Präsident, der sich erst im vergangenen Monat dazu durchgerungen hatte, nicht erneut zu kandidieren, wurde für sein politisches Lebenswerk gefeiert. „Thank you, Joe!“-Rufe hallten immer wieder durch das Rund der Mehrzweckhalle.

Der Fokus lag jedoch auf dem neuen Spitzenduo, Kamala Harris und Minnesotas Gouverneur Tim Walz, dem Kandidaten für den Posten des Vizepräsidenten. Die Red­ne­r:in­nen hatten zwei Aufgaben: Harris und Walz einem landesweiten Publikum näherzubringen – und deren Vision von Amerika zu verkaufen.

„Realitisch, praktisch, mit gesundem Menschenverstand“

Harris, die frühere kalifornische Staatsanwältin und US-Senatorin, wurde bei ihrer Rede von einem Meer an rot-weiß- blauen Flaggen und „Kamala“-Plakaten empfangen. Sie beschrieb die Vision eines Amerikas, in dem jeder eine faire Chance haben solle. In dem persönliche Freiheiten und Menschenrechte verteidigt würden – und in dem die Regierung für die Menschen arbeitet.

Sie wolle eine Präsidentin sein, die „realistisch ist, praktisch, und die gesunden Menschenverstand hat“, sagte sie. Und machte keinen Hehl daraus, dass ihre Nominierung als Präsidentschaftskandidatin vor einem Monat noch als sehr unwahrscheinlich galt. Doch unerwartete Wege seien nichts Neues für sie.

Harris argumentierte auch mit ihrer eigenen Biografie. Als Tochter zweier Mi­gran­t:in­nen zeige ihr eigener Aufstieg, dass in den USA alles möglich sei. Nach der Trennung ihrer Eltern wuchs Harris bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf, die viel arbeitete. Umso wichtiger seien Menschen aus der Nachbarschaft gewesen, die sich um sie und ihre Schwester kümmerten, erzählte sie in ihrer Rede. Menschen, die für andere da sind, ohne einen eigenen Vorteil zu suchen.

Das war die Folie, vor der Harris vor einer weiteren Trump-Präsidentschaft warnte. „Die Konsequenzen, sollte Donald Trump wieder ins Weiße Haus zurückkehren, wären äußerst schwer­wie­gend“. Vor allem nach der Supreme-Court-Entscheidung, die einem Präsidenten weitgehende Immunität gewährt.

„Wo die USA hingehören“

Sie werde – anders als Trump – den Rechtsstaat verteidigen. Und sie wolle eine Präsidentin für alle Amerikaner sein. Sie werde versuchen die „Bitterkeit, den Zynismus und die Spaltungskämpfe der Vergangenheit zu überwinden“. Gemeint ist damit auch der Wahlkampf von Trump und dessen Mitstreiter US-Senator J. D. Vance. Das republikanische Spitzenduo führe seine Kampagne vor allem basierend auf Angst, Spaltung und Dunkelheit, hieß es immer wieder in Chicago.

Harris versicherte, dass sie als Präsidentin fest an der Seite der Ukraine und der Nato-Partner stehen werde, während Trump sich durch Schmeicheleien von Diktatoren beeinflussen lasse. „Im anhaltenden Kampf zwischen Demokratie und Tyrannei weiß ich, wo ich stehe – und wo die USA hingehören.“

Mit Blick auf den Gaza-Krieg und Israel betonte Harris: „Präsident Biden und ich arbeiten rund um die Uhr, um einen Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln zu erzielen“. Die USA als wichtigster Partner Israels unterstützen das israelischen Militär, dessen Vorgehen im Gazastreifen laut der dortigen Gesundheitsbehörde bereits mehr als 40.000 Todesopfer gefordert hat.

Für viele aus dem linken politischen Lager sind die anhaltenden US-amerikanischen Waffenlieferungen an Israel daher nicht nachvollziehbar. Während des Parteitags gab es in Chicago täglich propalästinensische Demonstrationen. Trotzdem warteten die Demokraten bis zum letzten Abend, um die Situation in Gaza direkt anzusprechen.

Und der Tenor war bekannt: Israel unterstützen und das Leid der Menschen in Gaza lindern. Für einige Wäh­le­r:in­nen ist der Spagat, den die Regierung hier versucht, nicht glaubwürdig. Die Gefahr ist, dass sie im November zu Hause bleiben. Ihre Stimmen könnten über den Ausgang der Wahl mitentscheiden.

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