Bundesrat stoppt Düngegesetzder Ampel

Koalition will verhindern, dass Bauern Grundwasser verschmutzen. Doch die Länderkammer blockiert

Von Jost Maurin

Der Bundesrat hat eine Gesetzesreform abgelehnt, die die umweltschädliche Überdüngung bekämpfen und helfen sollte, „gute“ Bauernhöfe von Gegenmaßnahmen auszunehmen. Lediglich Hamburg und Bremen stimmten am Freitag in der Länderkammer dem neuen Düngegesetz des Bundestags zu. Ohne Zustimmung des Bundesrats kann die Vorlage nicht in Kraft treten.

Dabei hatten die Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft noch am Donnerstagabend einen alarmierenden Bericht zur Belastung von Gewässern mit der Stickstoffverbindung Nitrat durch die Agrarbranche veröffentlicht. Demnach wurde von 2020 bis 2022 der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Grundwasser an 25,6 Prozent der Messstellen des EU-Nitratmessnetzes überschritten. Das ist nur rund 1 Prozentpunkt weniger als von 2016 bis 2018. Hauptursache dafür ist, dass Landwirte im Schnitt Wissenschaftlern zufolge trotz deutlicher Verbesserungen immer noch pro Jahr und Hektar rund 80 Kilogramm Stickstoff etwa in Gülle oder Mineraldünger mehr ausbringen, als ihre Pflanzen aufnehmen. Dieser Überschuss an Pflanzennährstoffen schadet Klima, Grundwasser und Artenvielfalt. Die deutschen Küstengewässer verfehlten dem Bericht zufolge erneut einen „guten ökologischen Zustand“, vor allem durch zu viel Phosphor, der ebenfalls als Düngemittel genutzt wird. Die Behörden haben wegen der hohen Nitratwerte einen großen Teil der Agrarfläche zu „Roten Gebieten“ erklärt. Dort müssen alle Höfe pauschal weniger düngen. Das kann ihre Ernten schmälern, und Tierhalter können nicht mehr so viel Gülle auf den Feldern als Dünger entsorgen.

Das neue Düngegesetz sollte der Überdüngung entgegenwirken, indem es mehr Landwirte als bisher zur Erstellung einer Stoffstrombilanz verpflichtet. Darin müssen sie errechnen, wie viele Pflanzennährstoffe wie Stickstoff sie in die Umwelt abgeben. Zu hohe Überschüsse könnten nach entsprechenden Gesetzesänderungen sanktioniert werden. Außerdem sollte das Düngegesetz den Bund ermächtigen, eine Verordnung für ein „Monitoring“ der Nitratsituation in ganz Deutschland zu erlassen. Damit könnten die Behörden etwa Emissionsdaten aus verschiedenen Quellen zusammenführen. So ein Monitoring war eine Bedingung der EU-Kommission, weshalb sie das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie im Juni 2023 eingestellt hat. Erst wenn es das Monitoring gibt, sollten die Ministerien nach eigenen Angaben mit Brüssel über Ausnahmen von den Auflagen in den „Roten Gebieten“ verhandeln können.

Dagegen hat der Bauernverband nichts. Stattdessen bekämpft er die Stoffstrombilanz für einzelne Höfe, weil sie für die Landwirte zusätzliche Bürokratie, aber keinen Fortschritt für die Umwelt bringen würde. Genau diese Argumente trugen im Bundesrat auch die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Hessen vor, Dietmar Woidke (SPD) und Boris Rhein (CDU). Düngeexperten wie der Kieler Agrarprofessor Friedhelm Taube plädieren seit Jahren für eine solche Nährstoffbilanz, allerdings müsse sie noch wie von den Ministerien zugesagt verbessert werden.

Der bürokratische Aufwand für die Bauern ist überschaubar. Als der Bundestag 2017 die Verordnung zur Stoffstrombilanz diskutierte, schrieb der Nationale Normenkontrollrat, es entstehe „ein zusätzlicher jährlicher Aufwand von insgesamt 15,5 Mio. Euro“. Das sind bei rund 162.000 betroffenen Betrieben im Schnitt nur 123 Euro, also etwa 4,8 bis 5,3 Stunden. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) zeigte sich enttäuscht: „Durch die Düngegesetzblockade im Bundesrat bleibt der Weg zu mehr Verursachergerechtigkeit weiter verbaut.“