Filmempfehlungen für Berlin: Die schönsten Jahre

Woche der Originalgenies mit „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, Anouk Aimée im Cinema Paris und Jacques Beckers Modigliani-Porträt „Montparnasse 19“.

Filmstill: Zwei in Schwarz gekleidetet Frauen fahren auf einem Boot auf einem Kanal von Venedig. Das Boot ist schwarz und mit roten Rosen geschmückt.

Klassiker des Horrors: „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973, Regie Nicolas Roeg) Foto: Arthaus

Vor ein paar Tagen verstarb mit Donald Sutherland einer der großen Charakterschauspieler des internationalen Kinos. Seine Blütezeit erlebte der Kanadier zweifellos in den 1970er und -80er-Jahren, als er dank seiner Wandlungsfähigkeit von der überdrehten Komödie bis zum Horrorfilm in nahezu jedem Genre gut im Geschäft war. Einer seiner besten Filme ist „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973, OT: „Don’t Look Now“), den das Kino Neues Off ihm zu Ehren jetzt einige Tage lang spielt.

Das Werk ist ein nach einer Novelle von Daphne Du Maurier entstandener düster-stimmungsvoller Psycho-Horrorfilm des britischen Regisseurs Nicolas Roeg um einen mit „seherischen“ Fähigkeiten ausgestatteten Maler und seine Frau (Julie Christie), deren kleine Tochter vor Kurzem in einem See ertrunken ist. Ehekrise, Parapsychologie und die verwinkelten Gassen und Kanäle Venedigs: nachhaltig gruselig und immer wieder sehenswert (27.6., 1.7., 3.7., 21 Uhr, 28.6., 30.6., 18.15 Uhr, Neues Off).

Ebenfalls vor Kurzem verstorben ist im Alter von 92 Jahren die Schauspielerin Anouk Aimée, die von der Nouvelle Vague bis zum gehobenen Mainstream das französische Kino über viele Jahre hinweg mit ihrer zurückhaltenden Eleganz prägte. Ihren größten Erfolg erzielte sie mit Claude Lelouchs Liebesfilm „Ein Mann und eine Frau“ (1966), seinerzeit prämiert mit dem Auslands-Oscar und der Goldenen Palme in Cannes.

Aimée zu Ehren zeigt das Cinema Paris mit „Die schönsten Jahre eines Lebens“ (2019) ein ebenfalls von Lelouch inszeniertes Sequel jenes Kassenknüllers, das die Hauptfiguren bei einem Besuch im Altersheim erneut vereint: Ex-Rennfahrer Jean-Louis Duroc (Jean-Louis Trintignant) und Anne Gauthier (Aimée) plaudern dabei ein wenig im Garten, die Szenen sind ihrerseits verwoben mit Ausschnitten aus dem Originalfilm. Ein leichtes Werk über das Erinnern, das zugleich ein Stück Filmgeschichte erinnert, mit Trintignant und Aimée (damals beide schon Ende 80) noch einmal in prima Form (30.6., 12.25 Uhr, Cinema Paris).

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In der Ausstellung „Modigliani. Moderne Blicke“ präsentiert das Potsdamer Museum Barberini bis zum 18. August 56 Porträts und Akte des italienischen Malers Amadeo Modigliani, einem großen Klassiker der Moderne, dessen Qualität unter anderem darin liegt, dass man ihn keiner bestimmten Stilrichtung zuordnen kann. Ein Originalgenie. Als Ergänzung ist im Filmmuseum Potsdam eine Filmreihe zu sehen, die sich in der Hauptsache mit modernen Frauenbildern im Kino beschäftigt und damit das Thema der Ausstellung weiterführt.

Am Anfang steht allerdings mit „Montparnasse 19“ (1958) von Jacques Becker ein düsterer Film über das letzte Lebensjahr des 1920 verstorbenen Modigliani (verkörpert vom damaligen Superstar Gérard Philipe), der in Paris das typische Bohemien-Leben führt: viel Alkohol, schlechte Gesundheit, kein Geld, kein Erfolg – und dann bringt er auch noch junge Kunststudentinnen auf Abwege. In der Rolle von Modiglianis Geliebter Jeanne Hébuterne begegnet uns übrigens Anouk Aimée wieder. Und auch über den Kunstmarkt kann man hier noch etwas lernen, sofern man es noch nicht wusste: Erst tote Künstler werden besonders wertvoll (27.6., 19.30 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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