piwik no script img

AfD in BrüsselAm äußersten rechten Rand Europas

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Viel war nicht übrig für die AfD, um Bündnisse im EU-Parlament einzugehen. Vorläufig spielt sie nur die dritte Geige im rechten Lager Europas.

AfD-Wahlplakat zur Europawahl in Hamburg Foto: Christian Ohde/imago

N ach Zugewinnen bei der Europawahl in Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich und Belgien formieren sich die Nationalisten, die Rechtspopulisten und EU-Gegner neu. Die Europapolitik noch weiter nach rechts zu ziehen ist das Ziel bei der Neuaufstellung im EU-Parlament. Bei der Asyl- und Migrationspolitik ist das schon gelungen, die große Koalition in Brüssel ist ihnen weitgehend gefolgt.

Die EU ist nach rechts gerückt, daran konnte auch der „Cordon sanitaire“ im Europaparlament – eine Art Brandmauer light – nichts ändern. Heute reden selbst Politiker der Mitte in der Asylpolitik so wie früher nur die AfD. Doch die AfD konnte daraus kein politisches Kapital schlagen. Seit dem Skandal um ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah war sie in Brüssel isoliert. Nun unternimmt sie einen Anlauf – mit einer eigenen Fraktion.

Im „Europa Souveräner Nationen“ (ESN) sind Alice Weidel, Tino Chrupalla & Co nicht mehr ganz so allein, wie sie es nach dem Rauswurf aus der großen rechtsradikalen ID-Fraktion im Frühjahr waren. Doch aus der Schmuddel­ecke werden sie mit ihren neuen Partnern, die noch übrig waren, darunter Éric Zemmour aus Frankreich oder László Toroczkai aus Ungarn, nicht herauskommen. Im Gegenteil: Sie positionieren sich am äußersten rechten Rand.

Zudem spielen sie nur die dritte Geige im sich nun abzeichnenden rechten Lager. Den ersten Platz haben sich Viktor Orbán und Marine Le Pen mit ihrer neuen Fraktion der „Patrioten für Europa“ gesichert. Die rechtsradikale Truppe ist mit 84 Abgeordneten nicht nur deutlich größer als der AfD-Club mit seinen bisher 28 Parlamentariern. Sie hat sich sogar noch vor die „Europäischen Konservativen und Reformer“ von Giorgia Meloni geschoben.

Die Rechten bleiben gespalten, die AfD steht weiter am Rande. Ein Grund zur Entwarnung ist das nicht, denn dass sich der AfD-Club früher oder später doch noch mit Le Pens XXL-Fraktion zusammenschließt, ist nicht auszuschließen. Zwischen Weidel und Le Pen stand vor allem Krah, der nun der Fraktion aber nicht angehören soll. Beunruhigend ist auch der Umstand, dass die Rechten die Liberalen im Europaparlament in den Hintergrund gedrängt haben.

Bisher stellten die Liberalen die drittgrößte Fraktion. Nun sind sie auf Platz fünf zurückgefallen. Das bedeutet auch, dass die viel beschworene pro-europäische Mitte aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen im neu gewählten Parlament schwächer geworden ist. Die Rechten sind stärker denn je. Dass die AfD dabei keine nennenswerte Rolle spielt, ist nur ein schwacher Trost.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!