Fördergeld-Affäre im Bildungsministerium: Pferdefreundin und Bauernopfer

Die geschasste Staatssekretärin Sabine Döring lehrte als Professorin Ethik. Im Ministerium wirkte sie eher wie das Sprachrohr ihrer Vorgesetzten.

Eine Frau zeigt mit ihren beiden Zeigefingern in unterschiedliche Richtungen.

Staatssekretärin Sabine Döring verliert wegen der Forschungsmittel-Affäre ihren Posten Foto: Stefan Boness/Ipon

Am Sonntagabend schrieb Sabine Döring auf X: „So wird nun dieser Abschnitt meiner beruflichen Laufbahn ein jähes Ende finden“. Kurz darauf schrieb sie: „Habe gerade Anruf bekommen, muss den Tweet löschen“. Dann war der Post gelöscht, und die Spekulationen auf der Online-Plattform schossen ins Kraut.

Am späten Sonntagabend gab Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger dann bekannt, ihre Staatssekretärin in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Die FDP-Politikerin reagierte damit auf die anhaltende Debatte um ihren Umgang mit Hochschullehrern, die einen offenen Brief unterzeichnet hatten, in dem sie das Recht auf friedlichen Protest an Berliner Hochschulen verteidigten. Im Bildungsministerium war daraufhin geprüft worden, ob man den Unterzeichnern zur Strafe bereits erteilte wieder Fördermittel zu entziehen, wie das ARD-Magazin „Panorama“ unter Berufung auf interne E-Mails berichtete. Das sorgte unter Wissenschaftlern für große Empörung.

Sabine Döring selbst sprach daraufhin von einem „Missverständnis“ und übernahm die Verantwortung dafür. Sie ist selbst Wissenschaftlerin und wurde erst im Februar 2023 zur Staatssekretärin im Bildungsministerium ernannt, vor etwas mehr als einem Jahr. Zuvor lehrte sie an der Eberhard Karls Universität in Tübingen Philosophie und Ethik, 15 Jahre lang. Promoviert hat sie dort über Robert Musil, ihr Buch über „Die Philosophie der Gefühle“ erschien 2009 im Suhrkamp-Verlag. Bettina Stark-Watzinger holte sie ans Bildungsministerium nach Berlin.

In den Sozialen Medien aktiv

In den Sozialen Medien ist Döring sehr aktiv: Dort postet sie häufig Kommentare zu politischen Fragen, insbesondere zum Nahost-Konflikt, sowie Szenen aus ihrem Leben als Staatssekretärin und zu ihrem Hobby, dem Reitsport. Sie und ihr Sohn sind passionierte Dressurreiter, wie sie dort gerne kund tut. Außerdem sprang sie ihrer Vorgesetzten auf X immer wieder zur Seite oder äußerte sich an deren Stelle, so dass sie bisweilen wie deren Sprachrohr wirkte.

Als die Universität Köln im April die jüdische Philosophin Nancy Fraser auslud, weil diese einen Israel-Boykott befürwortet hatte, verteidigte Döring diese Entscheidung. Als ihre Ministerin im Mai in der Bild-Zeitung den offenen Brief der Berliner Professorinnen und Dozenten kritisierte, stellte sich Döring hinter ihre Vorgesetzte. Ein anderes Mal kritisierte sie die Berufung des Antisemitismus-Forschers Uffa Jensen an der TU Berlin. Sie bekannte sich dazu, die Zusammenarbeit mir israelischen Universitäten ausbauen zu wollen, und stellte sich gegen Boykott-Forderungen. Zur Zerstörung der Universitäten und Schulen im Gazastreifen äußerte sie sich nicht.

Im medialen Rampenlicht

Döring sonnt sich auch gerne im medialen Rampenlicht und genießt die mediale Aufmerksamkeit. Das Magazin Cicero porträtierte sie schon im vergangenen Jahr unter dem Titel: „Regieren mit Gefühl“. Einen Reporter der ZEIT empfing sie Anfang des Jahres auf ihrem Hof in Ostwestfalen, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald mit dem Hermannsdenkmal. „Viel Holz. Landhausstil, eine typische Wollsockenwohnung“, notierte dieser beeindruckt, und berichtete von ihren beiden Pferden, den Hengsten Viktor und Felix, und ihren beiden Hunden, Isolde und Skadi.

„Es ist mutig, eine Wissenschaftlerin zur Staatssekretärin zu machen“, sagte Sabine Döring in dem Gespräch, in dem es über ihren Freiheitsbegriff und ihre Vorbilder ging – John Stuart Mill auf dem Feld der Philosophie und Walter Scheel als politisches Idol. „Das Richtige zu machen sei wichtiger, als populäre Entscheidungen zu treffen“, diese Maxime teile sie, sagte sie dem Reporter.

Ihren Auftrag, bereits ergangene Förderungszusagen überprüfen zu lassen, hielt sie vermutlich auch für richtig. Aber da hat sich die Pferdefreundin vergaloppiert.

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