EZB will den Leitzins senken: Wende erwartet

Nach zwei Jahren will die EZB Geld wieder billiger machen und den Leitzins von momentan 4,5 Prozent senken. Was das für die Wirtschaft bedeutet.

EZB-Präsidentin Lagarde bei einer Pressekonferenz.

Morgen dürfte Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB das Ende der Zinserhöhung einläuten Foto: Kai Pfaffenbach/reuters

Die Europäische Zentralbank dürfte am Donnerstagnachmittag den Leitzins senken, nachdem sie ihn über zwei Jahre schrittweise erhöht hatte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Chefvolkswirt Philip Lane deuteten in den vergangenen Wochen eine mögliche Wende an.

Der Leitzins liegt momentan bei 4,5 Prozent. Ex­per­t*in­nen gehen von einer Senkung um 0,25 Prozentpunkte aus. Die Zentralbank beeinflusst mit dem Leitzins, wie stark die Preise im Euroraum steigen. Ihr Ziel ist es, den Preis für zum Beispiel Lebensmittel und Dienstleistungen stabil zu halten. Dafür braucht es langsam steigende Preise. Die ideale Inflationsrate dafür liegt bei zwei Prozent. Seit 2022 kämpft der Euroraum jedoch mit weitaus stärkeren Preiserhöhungen.

Durch die verteuerte Energie stiegen die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr in Deutschland um 5,9 Prozent. Im Jahr zuvor war die Inflation sogar noch einen Prozentpunkt höher gewesen. Daher begann die EZB im Juli 2022, den Leitzins nach langjährigen Nullzins wieder anzuheben: Höhere Zinsen können die Inflation hemmen. Allerdings leidet auch das Wirtschaftswachstum: Kredite werden teurer und es lohnt sich, das Geld auf dem Konto zu lassen.

Das Dilemma der hohen Zinsen

Zehn Anhebungen später steckt die Zentralbank im Dilemma: Die Inflationsrate ist zwar gesunken, Anreize für dringend benötigte Investitionen blieben jedoch auch aus. „Ich halte die Zinssenkung für überfällig“, sagt Silke Tober.

Sie leitet den Bereich der Geldpolitik am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. „Die ungewöhnlich offene Kommunikation der EZB zu ihrem Vorhaben am Donnerstag wirkt wie ein Eingeständnis, dass sie schon früher hätten senken können.“

Da die Zentralbank ihre eigenen Preisprognosen mache und diese eine viel langsamere Erholung vorhersagten, sei es aber nicht überraschend, dass es länger gedauert habe. Tober nimmt an, dass die EZB den Leitzins bis zum Jahresende um insgesamt einen Prozentpunkt senken wird.

Preise entgegen des Trends

Kri­ti­ke­r*in­nen verweisen darauf, dass sich die Preise nicht in allen Sektoren so schnell erholen. Besonders der Dienstleistungsbereich kämpft weiterhin mit hohen Inflationsraten.

„Die jüngsten Zahlen können ein Grund sein, warum die EZB wohl erstmal nur um 0,25 Prozentpunkte senken wird“, sagt Tober. Eine generelle Trendwende der EZB sieht sie weiterhin nicht. Auch mit einem Leitzins von 4,25 Prozent ist die Geldpolitik im Euroraum weiterhin restriktiv und kurbelt die Wirtschaft nicht an.

„Wir dürfen uns von den sinkenden Inflationsraten nicht täuschen lassen, die Auftragslage für Unternehmen ist weiterhin schlecht und die Exporte laufen auch nicht sonderlich gut“, sagt die Expertin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.