aufgeraucht
: Hamburgs „Taskforce Drogen“ hat keine Berechtigung mehr

Weed ist legal – aber was bedeutet das für die Kleindealer, die sich mit dem Straßenverkauf das Taschengeld beziehungsweise die Asylbewerberleistungen aufbessern? Wahrscheinlich werden sie ihrer Tätigkeit weiter nachgehen, denn sie haben ja immer noch keine Arbeitserlaubnis. Und die Nachfrage wird weiterhin bestehen, solange es keinen unkomplizierten Verkauf gibt. Denn nicht jeder, der ab und zu einen Joint raucht, hat Bock, sich zum Grasgärtner fortzubilden. Sein Bier braut man sich ja auch nicht selber, nur weil man es darf.

Aber was bedeutet die Teillegalisierung für die Verfolgung der Dealer? Für die Arbeit und für die Existenzberechtigung der „Taskforce Drogen“? Die Sondereinheit der Hamburger Polizei fährt seit acht Jahren täglich Schwerpunkteinsätze in St. Pauli, St. Georg und dem Schanzenviertel, um die „öffentlich wahrnehmbare Drogenkriminalität“ zu bekämpfen. Damit hat sie viel Stress und Leid über viele Menschen gebracht. An­woh­ne­r*in­nen sind genervt von der de-facto-Belagerung ihres Viertels – alle vier bis fünf Minuten kommt an einigen Orten eine Patrouille vorbei. Am meisten leiden aber die Straßenverkäufer, von denen viele aus Westafrika nach Deutschland geflohen sind – auf der Suche nach einem sicheren Leben und einer ordentlichen Arbeit. Doch beides verwehrt ihnen der deutsche Staat.

Gras und andere Substanzen an Par­ty­tou­ris­t*in­nen zu verticken, ist dann leider oft die einzige Option für jene, die es nicht aushalten, tatenlos herumzusitzen und auf Post von der Ausländerbehörde zu warten. Doch der Preis für den prekären Scheißjob ist hoch. Zu den ohnehin schlechten Arbeitsbedingungen kommt die Repression: die körperliche Gewalt durch die Be­am­t*in­nen und nicht selten die Haft.

In der Regel geht es dabei immer nur um Kleinstmengen Marihuana, die anderenorts auch vor der Teillegalisierung als Eigenbedarf eingestuft wurden. Bei Geflüchteten hingegen, die ja sonst kein Geld verdienen dürfen, geht die Justiz automatisch davon aus, dass sie die 0,5 oder 1,5 Gramm Gras, die die Polizei bei ihnen findet, zum Verkaufen mit sich führen. Auch wenn das in vielen Fällen so sein mag, ist es falsch, hier mit zweierlei Maß zu messen: Für Schwarze Flüchtlinge gilt dies, für weiße Hiergeborene das. Das ist rassistische Scheiße, Punkt.

Es ist höchste Zeit, die Verfolgung der Schwarzen Straßendealer zu beenden. Natürlich war die rassistische Polizeipraxis auch schon vor der Legalisierung von Weed schäbig und einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig. Aber bislang konnte sich die Polizeiführung immer auf das Argument zurückziehen, sie mache die Drogenpolitik nun mal nicht selbst und solange Cannabis illegal sei, müssten Po­li­zis­t*in­nen den Verkauf ahnden. Jetzt ist zwar der Straßenverkauf noch immer illegal. Aber der Wahnsinnsaufwand, mit dem die Taskforce die jungen Männer verfolgt, die eine mittlerweile legale Substanz verkaufen, ist nun wirklich nicht mehr zu rechtfertigen. Der Schaden für die Betroffenen, das Steuergeld, die Überstunden, die personellen Ressourcen, das alles stand schon vorher in keinem guten Verhältnis zum Ergebnis. Jetzt tut es das noch weniger.

Es ist höchste Zeit, die Verfolgung der Schwarzen Straßendealer zu beenden

Leider ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass die Polizeiführung entsprechend reagiert und die Taskforce Drogen auflöst. Dabei hätten die Po­li­zis­t*in­nen jetzt die Chance, mal etwas Sinnvolles zu machen. Gegen Zwangsprostitution vorzugehen zum Beispiel, gegen Kinderpornographie, gegen Menschenhandel. Man kann sonst auch umlernen. So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen werden viele gebraucht, Pfle­ge­r*in­nen auch, eigentlich fehlen ja überall Fachkräfte. Das Arbeitsamt kann einen da beraten. Und wenn das alles nicht gut genug scheint, hilft es vielleicht, sich zu vergegenwärtigen, was der noch viel beschissenere Job ist: Bei Nieselregen Gras an Par­ty­tou­ris­t*in­nen zu verticken, und dabei auch noch von der Polizei drangsaliert zu werden.

Katharina Schipkowski