Zahnfleischschmerzen durch Menstruation: Wo es natürlich auch weh tut
Warum auch sollte nur ein Millimeter des weiblichen Körpers von den prämenstruellen Plagen verschont bleiben? Also diesmal: Zahnweh!
D ie heutige Kolumne möchte ich mit einem Gedicht beginnen:
Oje! Oje! / Just erst hatte ich Zahnweh.
Wirklich? Muss das in der Zeitung dokumentiert werden? In einer Kolumne, die sich dem prämenstruellen Syndrom widmen soll? Ja, muss es!
Mit dem Zahnweh verhielt es sich nämlich folgendermaßen: Erst dachte ich, „siehste Sarah, das war er jetzt, der eine Lakritz-Lolli zu viel“! Dann – als hätte ich einen Zusammenhang gerochen – kam ich auf die Idee, in meiner Perioden-App nachzusehen, wann die pausenlosen mentalen Strapazen mir wieder ihre Aufwartung zu machen gedenken, und siehe da, es war schon wieder so weit.
Auf diese Erkenntnis folgte die Google-Suche „PMS und Zahnweh“. Und jetzt haltet euch fest: Es existiert doch tatsächlich ein Symptom namens Menstruationsgingivitis oder einfacher: Menstruationszahnfleischentzündung. Natürlich. Warum auch sollte nur ein Millimeter unseres Körpers von den prämenstruellen Plagen verschont bleiben?
Druck zu stark
In dem Versuch, dieses mir unbekannte Phänomen zu verstehen, begab ich mich ins Rabbit Hole der Menstruationsgingivitis.
Wie regelmäßige Kolumnen-Leser*innen mittlerweile wissen sollten (!), übertreiben Progesteron und Östrogen es in der Lutealphase zeitweise. Kurz bevor sie vor der Periode flugs wieder abfallen, nehmen sie relativ viel Raum in uns ein. Bei Betrachtung der Hormonkurve muss ich an Beschreibungen von Manie denken, himmelhochjauchzend zu Tode betrübt. Na, passt ja! Die temporär hohe Konzentration von Progesteron und Östrogen führt zu einer stärkeren Durchblutung unseres Zahnfleischs.
Folglich kann – ein kleiner Vorgeschmack auf die nahenden blutigen Tage – das Zahnfleisch anschwellen, schmerzen und sogar bluten, wenn der beim Zähneputzen ausgeübte Druck zu stark ist.
Weiterhin nimmt gegen Ende des Zyklus die Prostaglandin-Konzentration zu. Prostaglandine sind Hormone, die unter anderem die Schmerzwahrnehmung verstärken und entzündliche Prozesse anheizen.
War ja klar, dass sich noch ein weiterer hormoneller Unhold zu erkennen gibt! Die Freisetzung von Prostaglandinen ist übrigens auch Verursacherin menstruationsbedingter Unterleibskrämpfe, denn durch Prostaglandine ist das Schmerzempfinden an den Nervenenden der Gebärmutter ausgeprägter. Prostaglandine werden auch als Wehenmittel eingesetzt, sowie bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch um die, dem Abgang vorangehenden, Kontraktionen auszulösen.
Zurück zum Ursprungsthema, warum wir auch kleinste Wehwehchen in dieser Zeit stärker oder überhaupt erst fühlen. Prostaglandine scheinen für körperliche Unstimmigkeiten das zu sein, was ein Vergrößerungsspiegel für Pickel oder die Kreditkartenabrechnung für den Kontostand ist. Sie machen auf Unliebsames aufmerksam. Sie legen den Finger dahin, wo es (höhö) weh tut.
Zum Ende meiner Periode verabschiedeten sich dann auch meine Zahnschmerzen. Die jedoch, da muss ich ein Geständnis ablegen, tatsächlich auf meinen hohen Lakritz-Lolli-Konsum zurückzuführen waren! Scheint aber, als spüre ich sie ohne erhöhte Prostaglandin-Konzentration nicht, weshalb ich meinen Lakritz-Lolli-Konsum – wenigstens bis zum nächsten Prostaglandin-Anstieg – beibehalten werde. In diesem Sinne, vergesst die Zahnseide nicht!
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