René Pollesch ist gestorben: Nichts ist okay

Er war Intendant der Berliner Volksbühne, vor allem aber Autor und Regisseur: René Pollesch. Mit 61 Jahren starb der Virtuose des Diskurstheaters.

René Pollesch sitzt auf einer Bühne

René Pollesch, Theaterregisseur und Autor, im Jahr 2019 bei einer Pressekonferenz Foto: doa

Dass sein letztes Stück den Titel trug „Ja nichts ist ok“ wirkt jetzt wie eine Ansage. Nichts ist okay, groß ist der Schock. Die Berliner Volksbühne hat ihren Intendanten verloren. Mit nur 61 starb am Montag René Pollesch unerwartet, wie das Theater am Abend mitteilte.

René Pollesch hat mit seinen pointenreichen Diskurstheaterstücken als Autor und Regisseur ein eigenes Genre erfunden. Er war zwar nicht der einzige Protagonist des postdramatischen Theaters, das Figuren und Handlung über Bord warf, und stattdessen theoretische Gedanken zum Tanzen bringt, aber er hatte damit den größten Erfolg, seit inzwischen mehr als zwanzig Jahren.

Viele seiner Stücke gingen aus Lektüren hervor, über Kapitalismus, Philosophie, Kunsttheorie. Mit den Schauspielern diskutierte er die Thesen, sie waren seine brothers and sisters in crime. Sophie Rois, Kathrin Angerer, Caroline Peters, Martin Wuttke, Fabian Hinrichs entwickelten mit ihm die Texte auf den Proben. Nicht die Eindeutigkeit einer Botschaft war das Ziel, sondern das ständige weiterdenken, entwickeln neuer Zweifel an der gerade gefassten Erkenntnis. Das hatte nicht selten etwas zugleich Verzweifeltes und Komisches.

Bildungshunger

René Pollesch wurde 1962 in einer Kleinstadt in Hessen geboren. Sein Bildungshunger, der sich durch seine Stücke zog, brachte ihn an die Universität Gießen, an den Fachbereich Angewandte Theaterwissenschaften. Die Entwicklung des Postdramatischen Theaters wurde dort theoretisch vorbereitet. Mit einer dreiteiligen Soap um „Heidi Hoh“, die das Leben im Netzkapitalismus reflektiere, begann 1999 sein Erfolg.

Lange war er Regisseur an der Volksbühne unter Frank Castorf, inszenierte aber auch in am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, am Burgtheater in Wien, und vielen anderen Häusern. Als Chris Dercon Nachfolger von Frank Castorf werden sollte, gehörte Pollesch zu denen, die laut Protest einlegten. Er kämpfte um die Identität des Berliner Theaters, dem er sich sehr verbunden fühlte. Seine Zeit als Intendant der Volksbühne ab 2021 war indes nicht einfach. Doch hat er mit den Choreografinnen Constanza Macras und Florentina Holzinger zwei starke Künstlerinnen ins Boot geholt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.