Russland vor dem UN-Gerichtshof: Niederlage der Ukraine in Den Haag

Der IGH sieht keine russische Terrorfinanzierung in der Ostukraine, auch kaum Diskriminierung auf der Krim. Die Klage der Ukraine wurde 2017 erhoben.

Blick auf eine Brücke, die über Wasser führt.

Blick von der russisch besetzten Krim auf die Brücke über die Straße von Kertsch, im Hintergrund ein brennendes Treibstofflager, Mai 2023 Foto: reuters

FREIBURG taz | Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat eine bereits 2017 erhobene Klage der Ukraine gegen Russland überwiegend abgelehnt. Das Urteil befasst sich noch nicht mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022.

In der Klage von 2017 machte die Ukraine geltend, dass Russland im Donbass-Konflikt gegen das Übereinkommen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung verstoßen habe. Insbesondere wurde Russland die Lieferung von Waffen und Munition an Milizen in den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine vorgeworfen. Der IGH machte aber deutlich, dass sich das Abkommen nur auf die Finanzierung von Terrorismus durch Zahlungsmittel bezieht. Die konkrete Unterstützung terroristischer Akte etwa durch Waffen sei von diesem Abkommen nicht erfasst.

Nur in einem Detail erhielt die Ukraine recht. Auf drei diplomatische Mitteilungen der Ukraine zu tatsächlichen Finanzierungsvorwürfen reagierte Russland ungenügend. Es habe daher seine Pflicht zur Untersuchung solcher Vorwürfe verletzt.

Im zweiten Teil der ukrainischen Klage ging es um die russische Annexion der Halbinsel Krim im Jahr 2014. Die Krim gehört völkerrechtlich immer noch zur Ukraine, die Annexion wird international nicht anerkannt. Vor dem IGH konnte die Ukraine aber nicht die Annexion an sich angreifen, sondern sich nur auf das Abkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung berufen. In diesem Kontext verwies die Ukraine auf Morde, Folter und Entführungen von ukrainischen Aktivisten und Vertretern der Krim-Tataren nach der Annexion.

IGH erkennt aber Diskriminierung im Bildungssystem

Der IGH sah hier aber schon im Ansatz keine Akte der Diskriminierung aufgrund einer ethnischen Zugehörigkeit. Solche Verbrechen wären Akte gegen die politische Opposition, die die Annexion und das vorhergehende Referendum ablehnt. Auch das russische Verbot des Medschlis der Krim-Tataren, einer von der großen Versammlung (Kurultai) gewählten Exekutivvertretung der Krim-Tataren ließ der IGH nicht als Diskriminierung gelten. Der Kurultai sei nicht verboten worden und die Krim-Tataren verfügten damit immer noch über eine Vertretung. Allerdings wurden die Beschränkungen für den Medschlis als Verstoß gegen eine einstweilige Anordnung des IGH von 2017 gewertet.

Eine Diskriminierung sah der IGH auch darin, dass die ukrainische Sprache im Schulsystem der Krim nicht genug erhalten wird. Generell warf der IGH Russland vor, dass es den Konflikt eskaliert habe und auch dabei gegen eine Anordnung des IGH von 2017 verstieß.

Der IGH – ein Gericht der Vereinten Nationen – sitzt im niederländischen Den Haag und kann nur Recht sprechen, wenn sich beide Streitparteien seiner Rechtsprechung unterwerfen oder es um die Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen geht, in denen eine Streitschlichtung durch den IGH vorgesehen ist. An diesem Freitag soll er ein weiteres Urteil im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland verkünden. Hier geht es um die Frage, ob Russland der Ukraine Völkermord im Donbass vorwerfen durfte.

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