Konzentration in der Presse: Was nicht zusammengehört
Im lokalen Mediengeschäft mischen längst andere Player mit als nur die üblichen Verdächtigen: Auch T-Online baut seine Regionalberichterstattung aus.
M adsack aus Hannover kauft die Sächsische Zeitung, der Schwäbische Verlag aus Ravensburg die Schweriner Volkszeitung. Und die Südwestpresse Ulm übernimmt das früher im Volksmund liebevoll „Neckar-Prawda“ genannte Schwäbische Tagblatt nun komplett. Die Konsolidierung der deutschen Regionalpresse ist in voller Fahrt.
Konsolidierung? Quatsch, Konzentration muss es heißen. Die Großen fressen die Kleinen natürlich nicht, sondern nehmen sie liebevoll unter ihre Fittiche. Die Pressevielfalt guckt wie immer in die Röhre, und die eine und der andere regen sich drüber auf. Gut so.
Auf ganz anderem Terrain tut sich aber auch etwas, das solche „Jetzt wächst zusammen, was nicht zusammengehört“-Nummern wie kalten Kaffee aussehen lässt. Im Geschäft mit regionalen News mischen längst andere Player wie Ströer mit. Offiziell macht Ströer in Außenwerbung.
Die Werbe- und Stadtmöbelfritzen stehen aber auch hinter T-Online. Das hat heutzutage nix mehr mit Telefonieren, sondern nur noch mit Mail zu tun – und natürlich mit Nachrichten. Auch das ist nicht neu, 1&1 macht das bei den Startseiten von web.de und gmx.de genau so. Wie früher auf Seite 1 der Lokalzeitung findet sich hier ein schöner Agenturfriedhof der wichtigsten Meldungen.
Die Fluktuation ist immens
Doch T-Online will mehr. Heimlich still und leise macht der von Ex-Spiegel-Online-Chef Florian Harms geführte Laden den Lokal- und Regionalzeitungen Konkurrenz. Das Portal baut seine Regionalberichterstattung mehr und mehr aus, meist als One-Person-Show vor Ort. Von so was wie einem Tarifvertrag darf nicht mal geträumt werden, die Fluktuation ist immens. Aber hey, es läuft. Und nutzt gezielt die Schwächen der klassischen Regionalpresse.
Jetzt darf Christoph Schwennicke, früher mal Chefredakteur von Cicero, noch eine Kolumnistenschiene aufbauen, die mit großen Namen nur so um sich schmeißt. Putin-Experte Wladimir Kaminer ist mit der „Russendisko“ dabei, der Fußballversteher Stefan Effenberg auch. Uwe Vorkötter macht den Elder Statesman, und die Kolumne der Klimaexpertin Sara Schurmann heißt „Klima“.
So weit geht das völlig okay. Aber was ist das? Der Ex-Spiegel und Messe-Berlin-Coffetable-Autor mit vierstelligem Tagessatz Gerhard Spörl schreibt montags als „Der Welterklärer“. Das ist mindestens so ironisch gemeint wie das Zeit-Interview seiner Gattin Patricia Schlesinger, warum sie der RBB nie verstanden hat.
Aber auch bedenklich. Denn hier erobert ein Stadtraumvermarkter den Journalismus und durchlöchert ihn gleichzeitig. „Ach, man kann doch Medien mal anders denken und Lokalzeitung einen neuen Raum geben“, meint die Mitbewohnerin. „In der Smart-Station wird man so schön medial beschallt, dass es niemanden mehr stört, wenn der Bus zu spät kommt.“
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