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Falschparker auf BusspurenDie BVG lässt schleppen

Vor wenigen Jahren schaffte die BVG Abschleppwagen an, um Busspuren selbst freizuräumen – offenbar war das kein funktionierendes Modell.

Schick in BVG-Gelb, aber praktisch nicht mehr im Umsetz-Einsatz Foto: IMAGO / Stefan Zeitz

Berlin taz | Mit Berlins Busspuren geht es seit Jahren nicht so richtig voran – auf ihnen aber auch nicht. Die sogenannten Sonderfahrstreifen, die zurzeit auf rund 120 Kilometern Straße eingerichtet sind (wobei jede Richtung einzeln zählt), sollen die Geschwindigkeit der Busse erhöhen, in der Praxis ist die freie Fahrt aber oft verstellt. Das sollte besser werden, als die BVG vor einigen Jahren dank des Mobilitätsgesetzes die Erlaubnis erhielt, Falschparker selbst „umzusetzen“. Jetzt ist klar: Das Unternehmen schleppt gar nicht mehr selbst ab, sondern vergibt den Job an private Dienstleister.

„Wir sind ein Verkehrs-, kein Abschleppunternehmen“, sagte BVG-Vorstandsmitglied Rolf Erfurt am vergangenen Mittwoch im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses – dorthin waren er und seine Kollegin Jenny Zeller zitiert worden, um drängende Fragen zu Problemen im Betrieb und bei der Personalsituation zu beantworten. Private Unternehmen „können das besser“, so Erfurt. Dabei war es 2020 eine große Nachricht gewesen, als das Unternehmen mehrere gelb lackierte Fahrzeuge präsentierte, die künftig die Busspuren freiräumen würden.

BVG-Sprecher Markus Falkner bestätigt das auf taz-Nachfrage: „Schon seit geraumer Zeit“ seien neben den BVG-eigenen Abschleppern auch private Dienstleister tätig, die von den Verkehrsbetrieben beauftragt würden. Und: „Seit Beginn dieses Jahres sind hauptsächlich unsere Dienstleister im Einsatz, um Falschparker auf Busspuren oder in Haltestellen umzusetzen.“ Dabei sei aus BVG-Sicht „nicht wichtig, wem das Abschleppfahrzeug gehört, sondern dass es schnell und effektiv eingesetzt wird“.

Das System sei „im Laufe der inzwischen fast vierjährigen Praxis ständig angepasst“ worden, „um bestmöglich für freie Fahrt zu sorgen“, so der Sprecher. Grundsätzlich habe sich nichts geändert, denn „die gesamte Verantwortung, Beauftragung und Bearbeitung“ liege „nach wie vor vollständig in unseren Händen“. Die von der BVG angeschafften Fahrzeuge würden auch weiter genutzt, aber „vorrangig für interne Zwecke“.

Fast 8.000-mal abgeschleppt

Laut Falkner belegen die Zahlen, dass „durch den schrittweise veränderten Prozess eher mehr als weniger Fahrzeuge umgesetzt werden können“ – das sei „gut für die Qualität des Busverkehrs und vor allem gut für unsere Fahrgäste“. Tatsächlich weist die Statistik der BVG – die nicht zwischen eigenen und in Auftrag gegebenen Umsetzungen unterscheidet – für die vergangenen vier Jahre einen Anstieg aus: Waren es 2020 noch rund 4.900 Abschleppvorgänge, stieg die Zahl in 2021 sprunghaft auf 7.400. 2022 waren es dann 7.900 und 2023 bis Anfang November 7.500.

Schleppend geht es auch bei der Einrichtung neuer Spuren voran: Mehrere Kilometer sind noch in der Pipeline, während anderswo die Markierungen wieder von der Straße gekratzt werden – so im Sommer auf der Zehlendorfer Clayallee. Dort hatte das Verwaltungsgericht entschieden, dass auf der Strecke nicht genügend Busse unterwegs seien.

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2 Kommentare

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  • Also die teuren Spezialabschleppwagen ziehen jetzt Busse. Nungut.



    Aber es ist eben doch wichtig, wem die Fahrzeuge gehören, der private Dienstleister muss seine teuren Spezialfahrzeuge und Mitarbeiter schließlich auch bezahlen und wird deswegen Rechnungen stellen. Diese dreiste Arroganz des Herrn Falkner und seines Arbeitgebers ist leider typisch für Menschen und Unternehmen, die mit dem erzwungen eingetriebenen Geld der Allgemeinheit hantieren.

  • ÖPNV funktioniert deswegen nicht, weil Verwaltungsgerichtshöfe entscheiden, dass keine Busspuren und somit kein zuverlässiger Verkehr errichtet werden müssen, sowie wegen Falschparkern, die den zuverlässigen Verkehr behindern.

    Nur so mal, um zu sammeln, warum der ÖPNV nicht funktioniert.