piwik no script img

Warburg-Bankier sieht sich als Opfer

Zum ersten Mal äußert sich Christian Olearius vor Gericht persönlich zu Vorwürfen im Cum-Ex-Skandal. Dreimal nennt er den Namen Olaf Scholz

Im Cum-Ex-Strafprozess hat der Hamburger Bankier Christian Olearius seine Unschuld beteuert und sich auf seine Unwissenheit berufen. „Ich habe weder wissentlich noch willentlich an strafbaren Cum-Ex-Geschäften mitgewirkt“, sagte der 81-Jährige am Montag vor dem Bonner Landgericht. Er sei vielmehr von legalen Aktienkaufverträgen ausgegangen. „Eine Schädigung des Staates lag mir fern.“

Olearius ist Gesellschafter der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, die bei Cum-Ex-Deals mitgemacht hat. Die Anklage wirft ihm 14 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vor, die zu einem Steuerschaden von knapp 280 Millionen Euro geführt haben sollen. In zwei Fällen blieb es beim Versuch. Im Kern bezogen sich die Taten auf den Zeitraum 2006 bis 2011 und damit die Hochphase der Aktiendeals, die der Bundesgerichtshof 2021 als Straftat wertete.

Seine Verteidigungsrede dauerte eine halbe Stunde. „Ich kann es noch nicht fassen, dass ich heute vor Ihnen als Angeklagter stehe“, sagte er und präsentierte sich in einer Opferrolle. „In den letzten 10 Jahren haben alle Ebenen – Medien, Behörden, die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) sowie die Justiz – mir nachgesagt, ich sei ein Steuerräuber.“

Olearius findet Vorwürfe abwegig

Am Ende seiner Aussage nannte Olearius dreimal den Namen Scholz. So oft hatte er den damaligen Ersten Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz (SPD), in den Jahren 2016 und 2017 getroffen. Es ging um Steuernachzahlungen, die die Hamburger Finanzbehörde von dem Bankhaus gefordert hatte.

Die Treffen wurden durch Tagebucheinträge von Olearius bekannt, die im Rahmen der Ermittlungen gegen ihn beschlagnahmt worden waren. Der genaue Inhalt der Treffen ist unklar. Fakt ist aber, dass die Finanzbehörde danach eine Forderung fallenließ und die Ansprüche daraufhin nach damaliger Rechtslage verjährten.

Dass ein kausaler Zusammenhang bestand zwischen den Scholz-Olearius-Treffen und der Behördenentscheidung, ist nicht erwiesen. Scholz schließt eine politische Einflussnahme aus, beruft sich bei der Frage nach dem genauen Inhalt der Gespräche aber auf Erinnerungslücken. Politiker anderer Parteien werten den Umgang des SPD-Politikers mit Olearius als Fehlverhalten.

Olearius sagte vor Gericht, dass es „ein berechtigtes Anliegen“ gewesen sei, „Bürgermeister Scholz als Oberhaupt eines überschaubaren Gemeinwesens zu unterrichten und unsere Sicht darzustellen“. Die medial kolportierte Mutmaßung, er habe Scholz zu einer Amtspflichtverletzung überreden wollen, sei „abenteuerlich“, also abwegig. Es sei nicht „um Beeinflussung zu einer steuerrechtlichen Kehrtwendung, sondern um die Darstellung einer rechtlichen Beurteilung“ gegangen, sagte Olearius. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen