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Neuer Trick der AfD-nahen Erasmus-Stiftung

Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist der europäischen „Identity and Democracy Foundation“ beigetreten – und hofft nun auf EU-Gelder

Freut sich auf die EU-Gelder: die Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung Erika Steinbach Foto: Malte Ossowski/Sven Simon/imago

Von Andreas Speit

Auf ihrem Parteitag im Juli beschloss die AfD, der europäischen Partei Identität und Demokratie (ID-Partei) beizutreten. Für diese Aufnahme musste sich die Bundesführung um Alice Weidel und Timo Chrupalla in Magdeburg zunächst etwas ins Zeug legen. Denn die Annäherung an die „europäischen Schwesterparteien“ fand nicht nur Zuspruch. „Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit“, warnte beispielsweise Emil Sänze, AfD-Co-Vorsitzender in Baden-Württemberg.

Solche Sorgen konnten aus der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) nicht vernommen werden. Ohne viel Getöse schloss sie sich der ID-Partei-nahen Stiftung „Identity and Democracy Foundation“ (ID Foundation) an. „Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist seit März des Jahres Mitglied der europäischen Stiftung“, bestätigt der taz die DES-Vorsitzende Erika Steinbach.

Die Internationale der Nationalisten stellt sich also breiter auf. Die Intention: mit parlamentarischen Instrumentarien und finanziellen Mitteln des Europaparlaments die Europäische Union (EU) von innen zu zersetzen, erklärt Erik Marquardt, Europaabgeordneter der Grünen, der taz.

Auch der thüringische AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende Björn Höcke unterstrich im Phoenix-Interview beim Parteitag: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.“ Starke Töne, die Steinbach so nicht anschlägt. Betont sachlich antwortet die ehemalige und langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete der taz, dass die DES sich durch diese Mitgliedschaft mit ihren „konservativen, rechten demokratischen Strömungen“ vernetze, „um gemeinsame elementare Anliegen wissenschaftlich und kulturell zu diskutieren“.

Sie führt aus, dass die „Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ einerseits „ein gemeinsames kulturelles Fundament“ eine. „Andererseits hat jeder der Staaten seine eigene, bewahrenswerte Identität“, die „nicht in einem europäischen Einheitsbrei verlorengehen“ dürfe. Nicht bloß, dass Steinbach ein „Europa der Vaterländer“ andeuten könnte, sie dürfte auch die vereinten Parteien verharmlosen.

Auch die Parteien Vlaams Belang aus Belgien und Lega aus Italien gehören dem ID-Netzwerk an. Wie sie diese politisch bewertet, will Steinbach nicht beantworten, sie bezeichnet die Mitglieder des ID bloß grundsätzlich als „konservativ“ und „rechts-demokratisch“. In der Fachliteratur gelten die beiden Parteien jedoch als deutlich rechter.

In der ID-Partei sind zehn Parteien unter Führung des Rassemblement National (RM) aus Frankreich, der Lega aus Italien und der Freiheitlichen Partei Österreich vereint. Die Parteien sind ebenso in der ID-Fraktion im EU-Parlament, der insgesamt 62 Parlamentarier aus neun Länder angehören. Ihr Vorsitzender ist Marco Zanni (Lega) aus Italien. Die Vizepräsidenten sind Jordan Bardella (RM) aus Frankreich und Gunnar Beck aus Deutschland, der 2019 für die AfD ins EU-Parlament einzog.

In der ID-Fraktion wirken die AfD-Abgeordneten bereits mit. Bis zum 15. September will sich die AfD der ID-Partei offiziell anschließen. Diese ging 2014 aus der europäischen Partei Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit hervor. Gegenwärtig steht ihr Gerolf Annemanns vom Vlaams Belang vor. Die fordert: die Rückkehr zur nationalen Währung, eine nationale Zuständigkeit bei der Einwanderung und Finanzen.

„Besonders orgiastisch feiern sich alle Rechtsextremen als Kämpfer gegen Asyl und Migration“, sagt Cornelia Ernst der taz. Die Abgeordnete der Linken betont, dass diese Rechten hoffen, „die Geflüchteten loszuwerden, sollen sie doch im Meer ersaufen“. Neue Grenzanlagen, Zäune und Mauern seien „optische Merkmale eines Europas der Rechten“. Sie seien zudem „antiziganistisch, penetrant homophob“ und würden „göttlich altverkommene Familien- und Geschlechterbilder verehren“. Das zeige auch der „verbissene Kampf gegen Abtreibungen“, so Ernst.

Offen wirbt die Partei um eine engere Partnerschaft der EU mit Russland. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ließ aber auch innere Konflikte sichtbar werden, beobachtet Parlamentarier Marquardt. Im Nein zur Migration seien sie sich zwar einig, aber die Rechtsextremen an Europas Außengrenzen setzen sich stärker für die Verteilung von Geflüchteten ein als andere, so der grüne Europaabgeordnete.

Das ID-Netzwerk verfügt über viele Verbindungen. Das gleiche Personal würde jedoch immer wieder auftauchen, erklärt Marquardt. Die Anschrift der Partei in Paris ist identisch mit der Anschrift der Stiftung. Im EU-Parlament bringen sich weder die Fraktion noch die Partei ein, sagt Marquardt. Sie nutzen die Ressourcen allein für ihre nationalistische Politik, die mit rassistischen Ressentiments aufgeladen ist, um ihre Netzwerke weiter zu etablieren. „Ihre Arbeit ist selten angestrengt in konkreten Verhandlungen im Parlament, sie profiliert sich mit Änderungsanträgen bei Abstimmungen in den Ausschüssen, besonders im Plenum und machen Krach“, weiß auch Ernst. Sie betont zudem, dass die Partei, so wie die AfD, allerdings „die Kultur des Umgangs im Parlament“ verändert habe, „indem sie ihr unliebsame Abgeordnete offen und unflätig angreift, wie mir persönlich das schon passiert ist“.

Die Organisation im ID-Netzwerk verwenden die Gelder der EU, um die EU zu zerstören, heben Marquardt und Ernst hervor. Sie nutzen die Förderung, um „den rechten Mob in Europa aufzupolieren“, sagt Ernst. Seit 2015 erhält die ID-Stiftung EU-Mittel. Nach Angaben des EU-Parlaments waren es im Jahr 2022 mehr als 2 Millionen Euro.

Die Aussicht auf EU-Gelder dürfte ein zentrales Motiv der DES für die neue Kooperation sein. Nach Aussagen von Erika Steinbach würden ihrer Stiftung trotz eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts „nach wie vor widerrechtlich“ die „staatlichen Mittel“ verweigert. „In Ermangelung ausreichender Finanzen“ sei es bislang nicht möglich gewesen, „Veranstaltungen in unseren europäischen Nachbarländern zu initiieren oder daran aktiv gestaltend teilzunehmen“.

„Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist seit März Mitglied der europäischen Stiftung“

Erika Steinbach, Vorsitzende der AfD-nahen Erasmus-Stiftung

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 22. Februar 2022 entschieden, dass der AfD-nahen Stiftung zu Unrecht Mittel verweigert wurden. Das Gericht verlangt jedoch ein Gesetz, das die Förderung politischer Stiftungen regelt und das den Schutz der demokratischen Grundordnung vorschreibt. Kurz, die DES könnte letztlich trotz des Urteils aus Karlsruhe leer ausgehen.

Im DES-Rundbrief betont Steinbach jetzt umso deutlicher die neuen Chancen, dank der neuen EU-Mittel. Mit den Worten „Es gibt eine erfreuliche Mitteilung“ leitet sie ein, dass sie nun in der Lage seien, mit „europäischen Mitteln sowohl an Kongressen als auch an Einzelveranstaltungen in Deutschland und den anderen EU-Staaten unter dem Dach der ID-Stiftung teilzuhaben“.

Allerdings nicht, ohne die „schlechte Botschaft“ zu betonen, dass sie „nach wie vor nicht einen einzigen Euro der uns zustehenden Bundesmittel erhalten“ hätte. 2024 sei im Haushalt kein Geld für sie vorgesehen. Ein Anwalt werde eingeschaltet, verspricht Steinbach. Sie ist der Ansicht: „Von Rechtsstaat und rechtsstaatlichem Handeln kann in Deutschland schon seit geraumer Zeit nicht mehr die Rede sein.“

Das erste Engagement der DES als neues Mitglied der ID-Foundation: ein Kongress im September in Wien über Perspektiven für ein „neues Europa“.

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