Extremismus bei Berlins Polizei: Die Gefahr ist rechts
136 Polizisten in Berlin stehen unter Rechtsextremismusverdacht. Die polizeiinternen Ermittlungen laufen nun in einem eigenen Fachkommissariat.
Von aktuell laufenden 15 Strafermittlungsverfahren sind neun verbeamtete Dienstkräfte und drei Tarifbeschäfigte der Polizei betroffen, bei drei Verfahren sind die Verdächtigen unbekannt. Bei den Vorwürfen geht es in der Mehrzahl um Beleidigung und Volksverhetzung, aber auch um Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz oder Körperverletzung im Amt. Von den 91 Disziplinarverfahren, die gegen Polizeibeamte bearbeitet werden, sind nach einer polizeinternen Definition 46 so gravierend, dass eine Entlassung angestrebt wird oder möglich erscheint.
Geführt wurden die Ermittlungen bis August in der im Frühjahr 2021 eingerichteten Ermittlungsgruppe Zentral. Seit Monatsanfang ist die EG Zentral heraufgestuft worden, zu einem Fachkommissariat für politisch motivierte Dienstvergehen beim Staatsschutz des Landeskriminalamtes für politisch motivierte Kriminalität rechts. An der bisherigen Ermittlungsarbeit ändert sich dadurch nichts, dafür wurde die Arbeit auf Dauer gestellt. „Die Polizei scheint anerkannt zu haben, dass es bei dem Problem rechtsextremer Einstellungen nicht nur um eine vorübergehende Erscheinung handelt“, so Schrader.
Von den seit 2021 eingeleitet 158 Strafverfahren sind nach einem Bericht des Tagesspiegel 132 abgeschlossen worden. 99 wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt, gegen vier Polizisten ergingen Geldstrafen. Auch bei den Disziplinarverfahren ist die Quote gering. Nur einmal wurde ein Verweis, zwei Mal eine Geldbuße verhängt. „Dass Polizisten nicht verurteilt werden, heißt nicht, dass ihr Verhalten nicht dennoch problematisch ist“, so Niklas Schrader.
Keine Netzwerke
Rechtsextremen Strukturen oder Netzwerke hat die Abteilung bislang nicht ermittelt. Chatgruppen, in denen rechte Inhalte geteilt wurden, seien in allen Fällen Chatgruppen von Polizist:innen einer Dienststelle gewesen. „Hinweise auf eine dienststellenübergreifende Vernetzung ohne persönliches Kennverhältnis ergaben sich bislang nicht“, heißt es in der Antwort der Senatsinnenverwaltung.
Das interne Ermittlungsdezernat ist auch für alle anderen Fälle von extremistischen Bestrebungen innerhalb der Polizei zuständig. Bearbeitet werden demnach zwei Fälle von religiöser, je einer wegen ausländischer oder linksextremer Ideologie, dazu laufen 22 Fälle unter „sonstige Zuordnung“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen