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Auflösung von FFF-BremenKeine Zukunft bei Fridays for Future

Bremen hat vorerst keinen Ableger von Fridays for Future. Zwischen der Ortsgruppe und dem Bundesverband gab es schon länger Streit.

Da war FFF-Bremen noch aktiv. Klimademo in Anfang März 2023 Foto: Stefan Schmidbauer/imago

Es gibt Zoff in der Klimabewegung: Die Bremer Fridays for Future-Ortsgruppe hat sich am Montag aufgelöst. Der Grund sind Differenzen mit der Mutterorganisation Fridays for Future Deutschland.

Das gab die Ortsgruppe in einem Statement auf ihrer Website bekannt. Darin holt die ehemalige Ortsgruppe zu einem Rundumschlag gegen Fridays for Future (FFF) Deutschland aus. Insbesondere der Umgang mit BIPoC und Menschen, die auf Rassismus innerhalb der Strukturen hingewiesen haben, wird kritisiert.

Die Ortsgruppe zitiert dabei eine Erklärung der BIPoC for Future. Darin heißt es: „Fridays for Future Deutschland ist strukturell rassistisch.“ Statt Aufarbeitung zu betreiben, werde alles „unter den Teppich gekehrt und Tä­te­r*in­nen in Schutz genommen“, so die Kritik. Dies allein sei „bereits an sich ein guter Grund, diese Strukturen zu verlassen“, schreiben die Bre­me­r*in­nen in ihrem Statement.

Aber auch strategische Fehler werden angeprangert. Die Welle der Aufmerksamkeit, die FFF 2019 erreichte, sei nicht sinnvoll genutzt worden. Damals gingen zwischenzeitlich über eine Million Menschen deutschlandweit auf die Straße. Dieses Momentum, so die Bre­me­r*in­nen in ihrem Statement, hätte man nutzen sollen, um „konkrete Projekte, Aktionen und Forderungen“ aufzustellen. Stattdessen aber sei lediglich an der „Minimalforderung des 1,5-Grad-Ziels“ festgehalten worden, ohne konkrete Maßnahmen zu dessen Einhaltung vorzuschlagen.

Konflikt um BDS

FFF Deutschland, so die Bremer*innen, stelle „die falschen Fragen und appelliert immer noch ziellos an die Politik“. Kritik an der Politik und dem kapitalistischen System sei immer wieder unterdrückt worden. Auch auf den Nahostkonflikt kommen die Ak­ti­vis­t*in­nen aus der Hansestadt zu sprechen. Als „antikoloniale Gruppe“ bekenne man sich „zur Solidarität mit den Palästinenser*innen“, während sich die deutsche Mutterorganisation davon aktiv distanziere.

Hintergrund sind vermutlich die Vorfälle vom Mai 2021. Damals hatte der internationale Instagram-Account von Fridays for Future eine Bildergalerie zum Nahostkonflikt geteilt, in denen Worte wie „Siedler-Kolonialismus“, „Imperialismus“ und „Militarismus“ in Bezug auf Israels Siedlungspolitik vorkamen. Zuvor hatte der Account auch einen Aufruf der Boykottkampagne BDS geteilt. Die deutsche FFF-Sparte distanzierte sich daraufhin von den Posts und kritisierte diesen als antisemitisch.

Fridays for Future ist für die Bre­me­r*in­nen „an ihrem Ende“. Sie wollen nun „anderweitig mehr zur Lösung der Klimakrise beitragen“. Menschen, die in Bremen wieder eine Ortsgruppe gründen möchten, werden aber dazu ermutigt.

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2 Kommentare

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  • "Hintergrund sind vermutlich die Vorfälle vom Mai 2021. Damals hatte der internationale Instagram-Account von Fridays for Future eine Bildergalerie zum Nahostkonflikt geteilt, in denen Worte wie „Siedler-Kolonialismus“, „Imperialismus“ und „Militarismus“ in Bezug auf Israels Siedlungspolitik vorkamen. Zuvor hatte der Account auch einen Aufruf der Boykottkampagne BDS geteilt. Die deutsche FFF-Sparte distanzierte sich daraufhin von den Posts und kritisierte diesen als antisemitisch."

    Hintergrund sind auch die Vorfälle aus dem September 2022 als FFF Bremen die Gruppe "Palästina spricht" auf einer Kundgebung einen Redebeitrag halten ließ. Diese Gruppierung bestreitet das Existenzrecht Israels.



    Zudem hat FFF Bremen den Aufruf zur Intifada von Fridays for Future International retweetet, von dem sich FFF Deutschland vollkommen zu Recht distanzierte.



    Die taz hat darüber mehrfach berichtet, ein Artikel zu der Thematik ("Ist FFF Bremen antisemitisch?") ist sogar unter diesem Artikel verlinkt.

  • Einerseits ist es gut, klar zu den eigenen Werten zu stehen.

    Andererseits: FFF ist wahrscheinlich mehr im weißen Wohlstandsmilieu und bei assimilierten Zuwanderern beheimatet, aber das ist ja nicht nur schlecht - auch das hat seine Berechtigung. Wenn schon FFF strukturell rassistisch ist, findet man am Ende wenige Mitkämpfer für die eigene Sache. Es stellt sich auch die Frage, ob Dinge überhaupt noch demokratisch-politisch zu erreichen sind - wenn es nur noch rassistische Gegner gibt, bleibt am Ende nur der Kampf - zu verhandeln gibt es dann eigentlich nichts mehr.

    Alle Gerechtigkeitsthemen zusammen zu denken (Klima, Kapitalismus, Rassismus etc.) hat einerseits eine Konsequenz, andererseits dünnen sich die Mitstreiter aus, die all diese Themen genauso sehen. Am Ende bleibt dann vielleicht nur noch, allen anderen Menschen zu sagen, wie schrecklich man sie findet - das ist vielleicht ehrlich, bringt aber auch nicht weiter. Es geht auch davon aus, dass die eigene Sicht die alternativlos richtige ist.