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Jagd und Waldumbau in BrandenburgKenia einigt sich auf Jagdgesetz

Nach langem Ringen hat Axel Vogel (Grüne) einen Kompromiss vorgelegt. Eine radikale Verkleinerung der Flächen für die Eigenjagd ist vom Tisch.

Resilienten Wald gibt es nur mit Laubbäumen, Laubbäume nur mit weniger Wild Foto: Julian Stähle / dpa

Berlin taz | Beim großen Wurf haben sie ihm in den Arm gegriffen, den kleinen gewähren sie ihm. Nach langem Zerren um die Novelle des Brandenburger Jagdgesetzes hat Umweltminister Axel Vogel (Grüne) nun einen Entwurf vorgelegt, dem auch die Kenia-Koalitionäre SPD und CDU zustimmen können.

Hinter den Kulissen sei etwas erarbeitet worden, „was durchaus rund ist“, sagte der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Landtag, Wolfgang Roick (SPD), am Mittwoch der dpa.

Auch mit seinem Kompromissvorschlag bleibt Vogel bei seinem Ziel, die Baumschäden durch Wildverbiss zu verringern und den Waldumbau voranzubringen. Dafür sollen auch mehr Tiere geschossen werden.

Die Mindestgröße für einen Eigenjagdbezirk soll auf 75 Hektar halbiert werden. Künftig soll möglich werden, dass sich auch kleinere Waldbesitzer mit unter 75 Hektar Fläche zusammenschließen und das Jagdrecht über eine Gemeinschaft ausüben können.

Auch sollen laut Vogels Entwurf die Jagdzeiten verlängert werden, um mehr Abschüsse im Winter zu ermöglichen. Dafür soll es im Sommer eine Ruhezeit geben. Geplant sind zudem gemeinsame Vor-Ort-Termine von Förstern und Jägern. Jäger sollen finanziell dafür aufkommen, wenn der Wildschaden an einzelnen Baumarten zu groß wird, berichtet der RBB.

Tatsächlich ist der Verbiss junger Eichen- und Buchentriebe eines der Haupthindernisse beim Waldumbau. Mehr als die Hälfte der Jungbäume seien geschädigt, sagt der Minister. Dennoch konnte er sich nicht damit durchsetzen, die Eigenjagd bereits ab einer Fläche von zehn Hektar zu ermöglichen.

Jägerlobby hatte interveniert

Zu groß war der Druck der mächtigen Jägerlobby, der es meistens nicht um den Wald geht, sondern darum, bei Gesellschaftsjagden möglichst viele Trophäen zu schießen. Eine Eigenjagd auf kleinen Flächen hätte das durchkreuzt, weil das Wild dann vor allem von Waldbesitzern mit Jagdschein geschossen worden wäre.

Von der grünen Losung „Wald vor Wild“ bleibt nach dem Kompromiss nicht viel übrig. Stattdessen heißt es nun „Wald und Wild“. Im November soll das Gesetz in den Landtag. Waldbesitzer und Jäger haben den Kompromiss bereits begrüßt.

Enthalten ist im Entwurf auch ein Verbot, freilaufende Katzen und Hunde zu erschießen. Bisher ist dies Jägern ab 200 Meter Entfernung der Tiere vom letzten Haus erlaubt. Die SPD-Fraktion sieht hierbei noch Diskussionsbedarf. Auch die Bejagung von Wölfen hätte die SPD gerne im Jagdgesetz geregelt.

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1 Kommentar

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  • Gibt es einen Link zu dem Kompromiss der Geplanten Gesetzesnovellierung?

    Die hier angedeuteten Neuerungen lassen nichts gutes erahnen.

    Noch höhere geplante Abschusszahlen für die hier lebenden Pflanzenfresser und die ausweitung der Jagdzeiten sind ziemlich das Gegenteil von dem was ich für eine progressive, ökologische und gesellschaftlich sowie tierrechtlich Akzeptable Wald und Landschaftsnutzung halte. Schon jetzt leben die pflanzenfresser Reh und Hirsch wider Ihrer Natur in einer Landschaft der Angst, in welcher Sie sich nicht wie ihrer Natur entsprechend überwigend im Offenland aufhalten, sondern schutzsuchend und Waldverjüngungsfeindlich überwiegend im Wald aufhalten.



    Ein vermehrter Abschuss wird dies verstärken. Auch eine ausweitung des Abschusses in der Winterruhezeit, wird durch beunruhigung in der nahrungsarmen Zeit zu einen erhöhten Energiebedarf führen - und somit unweigerlich zu mehr verbiss der Waldverjüngung beitragen.



    Seid mindestens 30 Jahren wird mit dem Argument Wald vor Wild beständig der Abschuss erhöht, ohne das dies Waldbaulich spuren hinterlässt - verjüngt zum "Klimawald" wird überwiegend hinterm Wildschutzzaun. Die These ist somit gescheitert.



    Dringend benötigt werden großflächige jagdfreie Modellregionen in Deutschland in denen die Gegenthese, gern wissenschaftlich begleitet, ausgelebt wird. Eine Landschaft ohne Angst für unsere Mitgeschöpfe, in der sich der Wald dennoch zaunlos naturverjüngt. Ich bin recht optimistisch, das ein solcher angstfreier Wald, ökologisch und sozial einen deutlichen Mehrwert gegenüber unsren beängstigenden Schiessbudenwäldern hat und auch zufriedenstellend wirtschaftlich nutzbar ist. Tiergerechter ist er mit Sicherheit.



    Ein solche, im Interesse der Mehrheit der Gesellschaft liegende zukunftsweisende Modellregion ist der Horror für die mächtige gesellschaftliche Minderheit der Hobbyjäger - würde doch unter Umständen die auch im Waldschutz begründete Legitimität ihres tötenden Hobbys verschwinden.