Karlsruhe prüft Parteienfinanzierung: NPD boykottiert Verfassungsgericht
Die rechtsextreme Partei blieb der Verhandlung über ihren Ausschluss von der Parteienfinanzierung fern. Ein Urteil wird in ein paar Monaten erwartet.
„Ein bisher einmaliger Vorgang“, sagte Vizepräsidentin Doris König, die die Verhandlung leitete. Die Verhandlung fand aber trotzdem statt, es gibt beim Bundesverfassungsgericht keine Anwesenheitspflicht. Die Plätze der NPD blieben eben leer.
Verhandelt wurde über den gemeinsamen Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, der NPD/Heimat die staatliche Parteifinanzierung zu streichen. Es ist der erste derartige Antrag, der je gestellt wurde. Denn möglich ist dies erst seit 2017. Damals wurde das Grundgesetz geändert, nachdem ein Antrag, die NPD zu verbieten, daran scheiterte, dass die Partei nicht mehr relevant genug ist. Auch über die Streichung der Parteizuschüsse muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Trotz der zunehmenden Irrelevanz der NPD war viel Politprominenz nach Karlsruhe gekommen. „Unsere Verfassung ist wehrhaft“, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD), „wir haben aus den Fehlern von Weimar gelernt“. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (ebenfalls SPD) betonte: „Es war der Bevölkerung noch nie zu vermitteln, dass Steuergelder an Verfassungsfeinde gehen.“ Über die AfD sprachen die Politiker:innen nicht.
Als die NPD noch am Verfahren teilnahm, hatte sie argumentiert, dass der Antrag, ihr die Staatszuschüsse zu streichen, schon deshalb unzulässig sei, weil sie seit 2021 gar keine staatliche Parteifinanzierung mehr bekommt. Zu schlecht waren ihre Wahlergebnisse.
Ethnisch homogenen Volksbegriff
Doch Rechtsprofessor Christian Waldhoff, der die antragstellenden Staatsorgane vertrat, ließ das nicht gelten. Bei der letzten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern habe die NPD 0,8 Prozent der Stimmen erhalten, die Zuschussgrenze liegt bei 1,0 Prozent, „da fehlte nicht viel“, sagte Waldhoff. Aber vor allem gehe es auch um steuerliche Vorteile. Wenn Karlsruhe dem Antrag der Staatsorgane stattgibt, sind Spenden an die NPD/Heimat nicht mehr steuerbegünstigt. Außerdem wäre die NPD/Heimat nicht mehr von Erbschaft-, Schenkung- und Körperschaftsteuer befreit. „Allein seit 2020 hat die NPD rund 200.000 Euro Erbschaftsteuer gespart“, schätzte Waldhoff.
Diskutiert wurde auch das Argument der NPD, die neue Verfassungsnorm sei „verfassungswidriges Verfassungsrecht“, denn sie hebele das Demokratieprinzip aus. Rechtsprofessor Christoph Möllers, der zweite Vertreter der Staatsorgane, argumentierte dagegen: Da das Grundgesetz Parteiverbote erlaube, könne die Streichung von Staatszuschüssen „als milderes Mittel“ nicht verboten sein. Immerhin könnte die NPD weiter bei Wahlen kandidieren, hätte Anspruch auf Wahlwerbung im Rundfunk und auf die Vermietung von Stadthallen. Zudem werden die Mittel nur für sechs Jahre gestrichen.
Wie schon im Verbotsverfahren wurde der NPD vor allem vorgeworfen, dass sie einen ethnisch homogenen Volksbegriff vertritt. Deutsche mit Migrationshintergrund gehörten für die NPD nicht zum deutschen Volk. Daran habe sich seit 2017 nichts geändert. Der Verfassungsschutz habe 2.253 Belege hierfür gesammelt, so Rechtsprofessor Waldhoff.
Eigentlich wollte das Verfassungsgericht zwei Tage verhandeln. Doch ohne NPD lief das mündliche Verfahren schneller als gedacht. Das Urteil wird aber erst in einigen Monaten verkündet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei