Werben um Handelsabkommen

Ursula von der Leyen will die Beziehung zum Staatenbund Mercosur auf eine „neue Ebene bringen“

Aus Buenos Aires Jürgen Vogt

Lithium, Kupfer, grüner Wasserstoff – das sind Dinge, die Europa braucht und die Argentinien liefern kann.“ Mit dieser Aussage rannte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Buenos Aires am Dienstag offene Türen ein. Und um etwas Handfestes präsentieren zu können, unterzeichnete sie mit Argentiniens Präsident Alberto Fernández eine Absichtserklärung: „Wir wollen gemeinsam Wertschöpfungsketten aufbauen, die über die reine Ausbeutung von Rohstoffen hinausgehen“, so von der Leyen.

Dagegen klemmen die Türen beim Thema Freihandelsabkommen EU-Mercosur auch weiterhin. Der politische Wille zur Einigung sei vorhanden, hatte Präsident Fernández erklärt. Aber: „Das Abkommen muss den Asymmetrien zwischen der EU und dem Mercosur Rechnung tragen“, so der Präsident. Sonst würde es dem Mercosur mehr schaden als nützen. Auf das Abkommen hatten sich die EU auf der einen sowie Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay auf der anderen Seite bereits 2019 grundsätzlich ge­einigt. Der Abschluss kommt aber nicht voran.

Argentinien war die zweite Station auf von der Leyens viertägiger Reise, die sie außer nach Brasilien und Argentinien auch nach Chile und Mexiko führt.

„Ich bin hier, um zu sagen, dass Europa zurück in Lateinamerika ist und dass es an der Zeit ist, unsere strategische Partnerschaft auf eine neue Ebene zu heben“, erklärte von der Leyen in Brasilien. Anfang Juni hatte die Kommission ihre „Neue Agenda für die Beziehungen“ vorgestellt. Kernstück ist das Global Gateway: ein milliardenschwerer Fonds, mit dem die EU Investitionen in Lateinamerika und der Karibik anschieben will. Von der Leyen reist nicht mit leeren Händen: Der Fonds soll auf 10 Milliarden Euro aufgestockt werden. Damit wolle die EU dem Einfluss Chinas und seiner Neue-Seidenstraße-Initiative eine europäische Alternative entgegensetzen, die „auf Nachhaltigkeit setzt und von der die lokale Bevölkerung profitiert“.

Dennoch stand ihr Besuch in Brasilien ganz im Zeichen des umstrittenen Handelsabkommens. „Ich habe Präsidentin von der Leyen die brasilianische Besorgnis über das von der Europäischen Union im März dieses Jahres vorgelegte Zusatzinstrument zum Abkommen erläutert, das die Verpflichtungen Brasiliens erweitert und bei Nichteinhaltung sogar Sanktionen vorsieht“, gab sich Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zuerst diplomatisch. Und fügte dann hinzu: „Die Prämisse zwischen strategischen Partnern muss gegenseitiges Vertrauen sein, nicht Misstrauen und Sanktionen.“

Was Lula vor allem auf die Palme bringt, ist die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten. Sie verbietet die Einfuhr und den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Holz oder Soja, die auf nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Waldflächen angebaut oder produziert werden.

Wie verärgert die brasilianische Seite ist, hatte sich bereits beim Besuch von Annalena Baer­bock Anfang Juni gezeigt. Die Außenministerin wurde lediglich von der Stellvertreterin ihrer Amtskollegin begrüßt. Dabei hatte auch sie Geld mitgebracht. „Wir haben für den Amazonienfonds bereits in der Vergangenheit Millionen eingezahlt. Diese Reise dient auch dazu, weitere Millionen dafür zur Verfügung zu stellen“, so Baerbock bei ihrem Besuch.

Ohne konkrete Vorschläge, wie der Streit über das Handelsabkommen beizulegen wäre, präsentierte von der Leyen nun eine Neudefinition: „Dieses Abkommen ist eine Plattform für einen langfristigen Dialog, und wir haben ein Schreiben als zusätzliches Instrument geschickt“, sagte sie. Die EU warte auf Antwort, um Schritte zum Abschluss des Abkommens unternehmen zu können. Ende Juni treffen sich die Unterhändler von EU und Mercosur in Buenos Aires erneut. Dann wollen die südamerikanischen Länder einen Gegenvorschlag vorlegen.