Regierungskrise in der Slowakei: Ersatz kommt von der Nationalbank
Nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten bekommt die Slowakei eine Übergangsregierung. Der Nachfolger ist eher unbekannt, bleibt aber nicht lange.
Heger hatte am Sonntag seinen Rücktritt vom Posten des Ministerpräsidenten eingereicht. Allerdings war seine Regierung schon ein paar Tage zuvor auseinandergefallen.
Landwirtschaftsminister Samuel Vlcan warf das Handtuch am vergangenen Donnerstag, nachdem bekannt geworden war, dass er seine eigene Firma mit staatlichen Subventionen gefüttert hatte. Tags darauf gab auch Außenminister Rastislav Kacer auf, weil er den chaotischen Stil der Regierung Heger nicht weiter mittragen wollte.
Seit den Wahlen 2020, die eine bunte Koalition aus fünf Parteien an die Macht gebracht hatten, ist die Krise Programm. Als verantwortlich gilt vor allem Igor Matovic, ein Politclown, der seine Rolle als Regierungschef nicht ausgefüllt und sich von persönlichen Befindlichkeiten statt politischem Gespür hatte lenken lassen.
Slowakische Regierung in der Dauerkrise
Zwar war Matovic schon im April 2021 zurückgetreten und hatte stattdessen das Ressort Finanzen übernommen. Die Konflikte zwischen ihm und dem Koalitionspartner Freiheit und Solidarität (SaS) gingen dennoch weiter, bis die SaS im Herbst vergangenen Jahres ihren Rücktritt ankündigte und die Regierung so um ihre Mehrheit brachte.
Seitdem führte Ministerpräsident Heger eine Minderheitsregierung auf Abruf. Als der slowakische Nationalrat zum Jahreswechsel sein Misstrauen aussprach, wurden für den 30. September dieses Jahres vorzeitige Wahlen anberaumt.
Nach dem Rücktritt Hegers soll nun eine Interimsregierung aus Beamten das Land bis zu den Wahlen führen. Zwar habe er Präsidentin Čaputová Alternativen vorgeschlagen, die es ihm ermöglicht hätten, im Amt zu bleiben. Doch die Präsidentin habe keinen Vorschlag angenommen, sagte Heger nach dem Treffen.
Stattdessen möchte Čaputová das Ludovít Odor, ein eher unbekannter Politiker, die Slowakei als Regierungschef bis zu den Wahlen zu führen. Die dürfte Umfragen zufolge ein alter Bekannter gewinnen: Robert Fico, der geschasste langjährige Premier liegt mit seiner Partei Smer vorn.
Aus dem Sozialdemokraten ist ein lupenreiner Populist geworden, der gegen EU und Nato wettert, die USA verteufelt und eine Partnerschaft mit Russland propagiert. Zudem liebäugelt er mit der extremen Rechten und spielt mit den Ängsten der Slowaken, denen er „Arbeit, Brot und Frieden“ und ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine verspricht. Sein möglicher Wahlerfolg verdankt sich auch der Zerstrittenheit der Opposition, die aus vielen Kleinparteien besteht. Das Experiment „anständige Slowakei“ scheint gescheitert.
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