Verfassungsänderung in der Slowakei: Referendum gescheitert

Wegen geringer Beteiligung ist in der Slowakei eine Abstimmung über vorgezogene Neuwahlen gescheitert – ein Fiasko für die Opposition.

Eine Frau in Tracht wirft einen Stimmzettel in eine Box mit der Aufschrift Referendum 2023

Eine der wenigen, die am Referendum teilnahmen: Wahllokal in Martovce, Slowakei Foto: Milan Drozd/TASR

PRAG taz | In der Slowakei bleibt vorerst alles beim Alten: Ein Verfassungsreferendum über vorgezogene Neuwahlen scheiterte am Samstag an einer zu geringen Wahlbeteiligung. Die war weit unter dem erforderlichen Quorum von 50 Prozent geblieben. Nur 27,25 Prozent der Slowakinnen und Slowaken hatten an der Volksabstimmung teilgenommen, gab die staatliche Wahlkommission am Sonntag bekannt. Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Eduard Heger, der der slowakische Nationalrat im Dezember das Vertrauen entzogen hat, dürfte so bis zu den regulären Wahlen im Februar 2023 kommissarisch im Amt bleiben.

Vor allem für die Opposition um den ehemaligen Ministerpräsidenten Robert Fico und seine sozialdemokratische und linkspopulistische SMER-Partei ist das ein Fiasko. Fico war 2018 nach insgesamt 16 Jahren an der Regierungsspitze nach Massenprotesten zurückgetreten. Der Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová hatte damals die mafiösen Verstrickungen offengelegt, die sich unter Fico wie ein Netz über die Tatrarepublik gelegt hatten.

Nach knapp fünf Jahren auf der Oppositionsbank hegt Fico inzwischen wieder Hoffnung. Denn die populistisch-konservative Koalitionsregierung, die in verschiedener Besetzung seit März 2019 in der Slowakei am Ruder ist, hat die Erwartungen ihrer Wählerinnen und Wähler dank ihres chaotischen Stils enttäuscht. Umfragen nach würden Neuwahlen für die Parteien der derzeitigen Dreierkoalition in einem Debakel enden – und womöglich Fico zum dritten Mal an die Macht bringen.

Jetzt wird sich der 58-Jährige allerdings noch ein Jahr gedulden müssen, bis die regulären Wahlen anstehen. Dabei hatte seine Partei frischen Antrieb bekommen, als es ihr Dank einer Petition gelungen war, ein Referendum für eine Verfassungsänderung durchzusetzen, die vorgezogene Wahlen ermöglichen sollte. Dieses Prozedere soll den slowakischen Haushalt insgesamt 11 Millionen Euro gekostet haben. Ob und wie sich das in den Wahlpräferenzen niederschlagen wird, bleibt abzuwarten.

Schon siebtes gescheitertes Referendum

Hinter dem Verfassungsreferendum stehe nichts weiter als Ficos Sehnsucht nach der Macht, warnte der noch amtierende Ministerpräsident Heger vor der Abstimmung. Auch Präsidentin Zuzana Čaputová hielt sich im Vorfeld zurück. „Ich betrachte das Referendum als Teil einer Kampagne einer politischen Partei, deshalb werde ich die Bürger nicht dazu aufrufen, sich zu beteiligen“, erklärte Čaputová, die im Juni 2019 in einer Direktwahl zur Präsidentin des Landes gekürt wurde.

Das Scheitern des Verfassungsreferendums war allerdings abzusehen. Schon acht Mal zuvor waren die Slowakinnen und Slowaken seit Gründung der unabhängigen Slowakei 1993 zu Volksabstimmungen gerufen worden, um über entscheidende Fragen abzustimmen. Doch nur eines, über den EU-Beitritt des Landes 2004, erreichte die erforderliche Wahlbeteiligung von 50 Prozent. Der Rest scheiterte ebenso an der Unlust der Wähler.

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