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Einstieg im Hamburger HafenChina-Beteiligung auf der Kippe

Weil ein Hamburger Hafenterminal nun als kritische Infrastruktur gilt, könnte sein Teilverkauf platzen. Doch nun kommt Kritik aus China.

Sie ist schon im Hamburger Hafen, aber hat noch keine Beteiligung an den Terminals: Reederei Cosco Foto: Jonas Walzberg / dpa

Hamburg taz | Das letzte Wort in Sachen chinesischer Beteiligung am Hamburger Hafen ist offenbar doch noch nicht gesprochen: Wie am Mittwoch bekannt wurde, stuft das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) das Hafenterminal Tollerort seit Anfang 2023 als kritische Infrastruktur und damit als besonders schützenswert ein. Mit der Neubewertung des BSI steht die Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco am Terminal auf der Kippe. Nun ­warten alle auf eine Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums.

Die Neueinstufung, bestätigt das Bundesinnenministerium, beruht auf der Änderung der sogenannten Kritis-Verordnung des BSI, weshalb auch das Terminal Tollerort nun als kritische Infrastruktur beim BSI gelistet ist. Nach der Verordnung gelten nun alle deutschen Häfen, die pro Jahr mehr als 3,27 Millionen Tonnen Fracht abfertigen, als kritische Infrastruktur. Tollerort liegt nach Angabe des Hafenbetreibers HHLA deutlich über dieser Menge.

Für die HHLA bedeutet die Einstufung Tollerorts einer Sprecherin zufolge „keine wesentliche Änderung“. Die HHLA selbst sei seit 2018 als kritische Infrastruktur registriert, weil sie die IT-Struktur der Hamburger Hafenterminals zentral steuert.

Schon im vergangenen Herbst war die Debatte um eine Investition Chinas in Teile des Hamburger Hafens hochgekocht: Insbesondere anlässlich des Ukrainekrieges und der Abhängigkeit Deutschlands von russischer Energie rückte die Bedeutung kritischer Infrastruktur in den Blick – umstritten ist seither, ob sich Deutschland zu sehr von anderen Ländern bei zentralen Versorgungsstrukturen abhängig macht.

Am Ende entscheidet das Bundeswirtschaftsministerium

Für Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) schien der Teilverkauf des Hafenterminals Tollerort damals kein Problem darzustellen. Sorgen vor einem zu großen Einfluss des chinesischen Staatskonzerns seien unbegründet. Viel eher warnten sie davor, dass ohne eine Beteiligung chinesische Waren sonst über benachbarte europäische Großhäfen wie Antwerpen oder Rotterdam abgewickelt werden könnten.

Ob die bereits geschlossenen Verträge zwischen der chinesischen Rederei und der zuständigen HHLA-Tochter CCT schlussendlich gültig sind, muss nun das Bundeswirtschaftsministerium entscheiden. Das prüft bereits schon länger, inwieweit die Investition final abgewickelt werden kann.

Da Tollerort zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jedoch noch nicht als kritische Infrastruktur galt, wolle das Ministerium prüfen, welche „Auswirkungen auf den Sachverhalt“ die Neueinstufung Tollerorts nun hat. Warum die Prüfung allerdings seit mittlerweile über einem halben Jahr andauert, bleibt offen. Jedoch galt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits von Beginn an als ein starker Kritiker der Investitionspläne.

Kritik an den geplanten Investitionen kommt auch von Seiten der FDP: „Die Fehler vergangener Regierungen zur Beteiligung nichtdemokratischer Staaten an kritischer Infrastruktur in Deutschland dürfen sich nicht wiederholen“, sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Michael Kruse. „Deshalb darf die Beteiligung an dem Terminal nicht vollzogen werden, nur weil die Einordnung als kritische Infrastruktur jetzt erst erfolgt ist.“

Auch die chinesische Staatsführung hat sich am Donnerstag zu Wort gemeldet. „Wir hoffen, dass die deutsche Seite davon absieht, die kommerzielle Kooperation zu politisieren und es zu etwas über Ideologie oder Sicherheit zu machen“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin.

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