Zwei wie Pech und Schwefel

Unheilvolle Allianz: Wagenknecht und Schwarzer veröffentlichen ein „Manifest für Frieden“ und fordern ein Ende von Waffenlieferungen an die Ukraine. Von rechts kommt Schützenhilfe, sonst scharfe Kritik

Von Dariusch Rimkus
und Tanja Tricarico

Diese Kontroverse war vorhersehbar: Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer starten zusammen eine Petition mit dem Titel „Manifest für Frieden“. Und für den 25. Februar – fast genau ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – rufen sie zu einer Demonstration am Brandenburger Tor auf. Die Forderung in ihrem Aufruf: keine Waffenlieferungen mehr in die Ukraine, dafür Friedensinitiativen, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen.

Die Allianz zwischen Wagenknecht und Altaktivistin Schwarzer überrascht nur auf den ersten Blick. Beide gehörten in den letzten Monaten zu den prominentesten Stimmen in der deutschen Öffentlichkeit, die sich gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen mit Putin positionierten. Für ihre Petition konnten sie eine wilde Mischung prominenter Erstunterzeichner versammeln: Unter den 69 Personen finden sich zum Beispiel EU-Parlamentsmitglied Martin Sonneborn, Zeitungsverleger Holger Friedrich, die evangelische Theologin Margot Käßmann, der Publizist und Politiker Jürgen Todenhöfer. Aber auch Ex-EU-Kommissar Günter Verheugen, Sänger Reinhard Mey, Schauspieler Henry Hübchen, Brigadegeneral a. D. Erich Vad, Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, CSU-Politiker Peter Gauweiler, die Grüne Antje Vollmer, der Sozialmediziner und ehemalige Bundespräsidentschaftskandidaten Gerhard Trabert sowie Ex-Linkenpolitiker Oskar Lafontaine.

In ihrem Petitionstext auf change.org weisen Wagenknecht und Schwarzer zwar deutlich darauf hin, dass Russland die ukrainische Bevölkerung „brutal überfallen“ hat und dass die Menschen dort Solidarität brauchen. Aber sie warnen vor allem vor einer „Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg“. Und es bleibt die suggerierte Ähnlichkeit Russlands und der Ukraine. Schon bei „Maischberger“ sagte Wagenknecht, es kämpfe „der russische Oligarchen-Kapitalismus gegen den ukrainischen Oligarchen-Kapitalismus“. Im Petitionstext wird nun recht nebulös formuliert, es sei das Ziel des ukrainischen Präsidenten Selenski, Russland „auf ganzer Linie zu besiegen“. Meinen die Unterzeichner eine komplette Zurückeroberung ukrainischer Gebiete? Vermutlich ist die Formulierung bewusst undeutlich gewählt, um auch die Interpretation zuzulassen, Selenski wolle Russland erobern. Bis Sonntagnachmittag verzeichnete die Petition rund 250.000 Unterschriften. Auch AfD-Chef Tino Chrupalla unterzeichnete das Manifest kurz nach Veröffentlichung.

Bundesjustizminister Marco Buschmann kommentierte umgehend diesen Schulterschluss. „Die Theorie des politischen Hufeisens besagt, dass sich in ihren Extremen rechte und linke Positionen immer ähnlicher werden“, twitterte der FDP-Politiker. „Nun lese ich, dass AfD-Chef Tino Chrupalla die Initiative der Linken-Politikern Sarah Wagenknecht unterstützt. Die #Hufeisentheorie lebt!“ Laut Spiegel will Wagenknecht mit Chrupalla aber nicht gemeinsame Sache machen.

„Appell nicht nur naiv, sondern auch unehrlich“

Vize-Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt

Vize-Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt übte insgesamt scharfe Kritik. „Ein Appell für Friedensverhandlungen mit einem sofortigen Ende aller militärischer Unterstützung für die Ukraine ist nicht nur naiv, sondern auch unehrlich“, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Tatsächlich beinhaltet das Manifest keine realistischen Vorschläge. Erstunterzeichnerin Margot Käßmann bezweifelte im Deutschlandfunk, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen könne. Sie forderte eine Politik der Deeskalation gegenüber Russland, mehr Kontakt zur russischen Zivilgesellschaft und plädierte für eine „fantasievolle“ Gestaltung von Verhandlungen.

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