Grünenbashing mit Masskrügen

CSU-Chef Söder warnt am Ascher­mittwoch vor der „Woke-Wolke“

Aus Passau Dominik Baur

Es muss eine entbehrungsreiche Zeit für die Menschen gewesen sein, die am Mittwoch die Dreiländerhalle in Passau füllen. Zwei Jahre lang hat hier kein Politischer Aschermittwoch mehr stattgefunden, zumindest keiner, der den Namen verdient hätte. 2021 kam Markus Söder pandemiebedingt allein in die Halle, versuchte seinen Fans draußen an den Apparaten digitale Bierseligkeit zu übermitteln. Im vergangenen Jahr dann entfiel die Veranstaltung wegen des Krieges. Der dauert zwar noch an, aber dauerhaft will man sich das Feiern halt doch nicht versagen, schon gar nicht im Wahljahr.

So sind sie denn an diesem Vormittag wieder da, die „gefühlten 10.000 Menschen“, die der noch amtierende niederbayerische CSU-Bezirkschef Andreas Scheuer so gern beschwört. Dass in die Halle nur 4.000 Leute passen – geschenkt. Es sind gefühlte Wahrheiten, die in Passau zählen. Die Stimmung ist gut, schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung sind die ersten Masskrüge weitgehend gelehrt.

Es ist ein Medley aus seinen Evergreens und den aktuellen Hits, die der CSU-Chef in einer anderthalbstündigen Show zum Besten gibt. Die zwei Hauptteile: Bayernlob und Ampelbashing. „Wir sind die Stärksten, wir sind die Besten, wir sind in Passau“, ruft Söder seinen Mannen zu – Frauen sitzen im Publikum tatsächlich nur gefühlte zehn, um im Scheuer-Duktus zu bleiben. Und: „Wir sind das Glücksland. Bei uns lebt man länger, und bei uns lebt man besser.“ Auch das beste Essen der Welt, die niedrigste Armutsquote und Kriminalitätsrate – klar, in Bayern. Man kommt nicht umhin, an einen Satz zu denken, den Markus Söder in den vergangenen Monaten mit Blick auf den Wahltag im Oktober immer wieder formuliert hat: Hybris sei das Einzige, was seiner Partei jetzt noch schaden könne.

Zweiter Teil: Ampelbashing. Wobei es Söder ein Teil der Ampel besonders angetan hat. Klar, es geht am Rande auch gegen SPD und FDP, da wird noch mal gegen Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ausgeteilt oder gegen FDP-Chef Christian Lindner, den „Schulden-Chrissi von Deutschland“. Aber es sind die Grünen, das wird schnell klar, in denen Söder seinen Hauptgegner sieht. Angst einflößende Bilder beschwört der Ministerpräsident, wenn er über sie spricht: „Eine düstere Woke-Wolke verdüstert den weiß-blauen Himmel in Bayern“, sagt er und warnt seine Zuhörer, was alles auf sie zukomme. Außerdem seien sie ein „Sicherheitsrisiko für unser Land“ und redeten sie sich geradezu in einen Kriegsrausch.

Vor allem aber seien die Grünen sehr zielstrebig beim Umbau der Gesellschaft. „Sie wollen ein anderes Deutschland.“ Wieder einmal spricht Söder von „Umerziehungsfantasien“. Die Grünen wollten die Genderpflicht einführen und dass man künftig von Elternmilch statt Muttermilch sprechen müsse. Nicht einmal schwarzfahren dürfe man mehr, wahrscheinlich dürfe sich auch seine Partei bald nicht mehr als die Schwarzen bezeichnen, sondern nur noch als die „most indigene party“. Söder fasst sich an den Kopf, gibt sich empört: „Das ist doch nicht mehr normal, das ist doch völlig überdreht.“

Die Attacke dürfte einen Vorgeschmack auf die acht Monate bis zur Landtagswahl geben. Dass sich Söder dafür die Grünen als Ziel ausgesucht hat, ist kein Zufall. Aktuell sind sie die einzige ernstzunehmende Oppositionspartei in Bayern. Deshalb verspricht Söder schon mal vorsorglich: Schwarz-Grün werde es in Bayern nicht geben.

Schließlich ist da ja auch noch die Sache mit den Drogen. Die wolle die Ampel, allen voran natürlich wieder die Grünen, legalisieren. Söder spricht nicht von Cannabis, sondern ganz allgemein von Drogen. „Ich will für Bayern keine Drogen auf der Straße und keinen Zugang für unsere Kinder“, ruft er. Der Beifall in der schon spürbar alkoholgeschwängerten Halle ist groß. Es ist der gefühlt stärkste Beifall an diesem Aschermittwoch.