: Satirische Aktion
Werbeplakate für Bundeswehr und Polizei erfahren oft Adbusting. Eine Publikation, die am Dienstag vorgestellt wurde, hat diese Werke gesammelt
Von Peter Nowak
Werbeplakate für die Bundeswehr gehören mittlerweile in vielen Städten in Deutschland zum Straßenbild. Aber nicht alle haben sich daran gewöhnt. Das sieht man an den zahlreichen Adbusting-Aktionen. Damit sind satirische Verfremdungen der Plakate gemeint, die meist von der Polizei schnell entfernt werden.
Jetzt gibt es die Möglichkeit, über 100 dieser Politkunstwerke in Ruhe zu betrachten. Am Dienstagabend hat der Berlin Busters Social Club (BBSC), der die satirischen Aktionen unterstützt, im Buchladen Schwarze Risse im Mehringhof eine Dokumentation dieser Kommunikationsguerilla vorgestellt. Einen Schwerpunkt nahm dabei die Veränderung von Werbeplakaten für Bundeswehr und Polizei ein.
Dabei konnten sich die Veranstaltungsteilnehmer*innen ein Lachen nicht verkneifen, wenn es auf einem weißen Plakat „Kriegspropaganda zu Klopapier“ heißt. Das Poster war Teil einer antimilitaristischen Aktion mit künstlerischen Mitteln gegen den schließlich wegen der Coronapandemie abgesagten „Tag der Bundeswehr“ 2020. An diesem Tag im Juni wird bundesweit für die Armee geworben. Das Gegenplakat war ein Beitrag zur Kampagne „Tag ohne Bundeswehr“, zu dem verschiedene Gegner*innen von Militarismus aufgerufen haben.
Die Herausgeber*innen der Broschüre sahen es als Erfolg ihrer Adbusting-Aktionen, dass auch nach Ende der Pandemie der Tag der Bundeswehr nur in Kasernen zelebriert wird. Zudem habe die Zahl der Werbeposter mit Polizei- und Bundeswehrbezug in Berlin in letzter Zeit deutlich abgenommen. „Sie waren regelmäßig Ziel von Adbusting-Aktionen und dazu hatten die Verantwortlichen einfach keine Lust mehr“, glaubt ein BBSC-Aktivist.
Auch mit juristischen Mitteln konnte die Plakatguerilla nicht gestoppt werden, berichten die Aktivistinnen sichtlich zufrieden. Dafür hatten Polizei und Staatsanwaltschaften keinen Aufwand gescheut, den linken Plakatverfremder*innen das Handwerk zu legen. So wurde ein verändertes Plakat in Erfurt sogar auf DNA-Spuren untersucht. Selbst das Terrorabwehrzentrum der Bundesrepublik hat sich mit der Kommunikationsguerilla befasst. „Doch die wehrte sich mit kreativen Aktionen, parlamentarischen Anfragen und rotzfrecher Öffentlichkeitsarbeit“, erzählt einer der Herausgeber der Dokumentation. In verschiedenen Städten mussten Staatsanwaltschaften mittlerweile einräumen, dass das politisch motivierte Kapern von Werbevitrinen nicht strafbar ist, solange nichts geklaut und beschädigt wird.
So ist der Dokumentation eine Anleitung zum gesetzeskonformen Öffnen von Vitrinen beigefügt. Aber mögliche Nachahmer*innen sollten wissen, dass trotz Freisprüchen die Polizei ihre Aktion vorzeitig beenden könnte, warnte einer der Redner vor unvorsichtigen Verhalten beim Adbusten.
Auch die Geschichte des Adbusting, das bis in die Antike zurückreicht, wurde am Dienstag thematisiert. Da kam es für viele Zuhörer*innen überraschend, dass die Redner*innen unter dem Stichwort „Adbusting gegen Hitler“ auch das antifaschistische Widerstandsnetzwerk Rote Kapelle anführten. Einige ihrer Mitglieder hatten im Mai 1942 auf Plakaten, die für die NS-Propagandaausstellung „Das Sowjet-Paradies“ warben, kleine Handzettel mit der einfachen Frage geklebt. „Ständige Ausstellung – Das Nazi-Paradies, Krieg, Hunger, Gestapo. Wie lange noch?“ Wenige Monate später flog die Widerstandsgruppe Rote Kapelle auf. Nur wenige ihrer Mitglieder entgingen den Hinrichtungen in Plötzensee.
Die Doku „Mega Unerhört – Adbusting mit Polizei und Militär“ wird von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen und der Bertha von Suttner Stiftung unterstützt und kann bestellt werden unter bbsc@riseup.net.
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